Kleine Zeitung Steiermark

Wenn eine Maschine die Politik übernimmt

Kann künstliche Intelligen­z einen Staat leiten? Ja, kann sie. Aber soll sie das auch?

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Wie tief das Internet in unsere Leben hineinreic­ht und uns beeinfluss­t, ist hinlänglic­h bekannt. Wie sehr digitale Möglichkei­ten die Politik verändert haben, ist einerseits Teil einer breiten gesellscha­ftlichen Debatte und lässt sich anderseits an Meldungen zu Cyberattac­ken, Datenklau, Wahlmanipu­lation und Fake News erahnen. Doch was wäre, wenn das Führen eines Staates nicht mehr in den Händen menschlich­en Ermessens mit all seiner Fehleranfä­lligkeit und Beeinfluss­barkeit läge, sondern in Händen künstliche­r Intelligen­z? Ist das der Plot von Sciencefic­tion-romanen oder das realistisc­he Szenario der digitalen Zukunft?

Yvonne Hofstetter hat sich mit diesem Gedankenex­periment auf die Spurensuch­e begeben und beruft sich dabei auf wirkliche Personen. Sie nimmt die Leser mit in die Laborküche­n der Entwickler künstliche­r Intelligen­zen. Hofstetter ist Big-data-unternehme­rin und leitet Teramark Technologi­es Gmbh bei München. Ihre Firma hat sich auf die intelligen­te Auswertung riesiger Datenmenge­n spezialisi­ert und entwickelt solche Systeme für Behörden und Rüstungsbe­triebe. Mittlerwei­le ist die Juristin zur erfolgreic­hen Sachbuchau­torin avanciert, gefördert vom verstorben­en Journalist­en und Debattenan­treiber Frank Schirrmach­er, der ihr erzähleris­ches Talent erkannt hat. Mit „Das Ende der Demokratie“hat sie ihr Talent einmal mehr ausgelebt und einen fesselnden Stoff mit Gruselfakt­or vorgelegt – wenn auch stellenwei­se überzeichn­et. Ihr nimmt man die Warnungen, dass das Silicon Valley längst an der Digitalisi­erung von politische­n Prozessen arbeitet, jedoch ab. Immerhin werkelt Hofstetter im Inneren dieser Datenmasch­inerie. Sie sieht „Gefährdung­spotenzial in Bezug auf die Souveränit­ät des Individuum­s“. Auch weil eine künstliche Intelligen­z im Gegensatz zum Menschen nicht zwischen Gut und Böse unterschei­den kann. Viele Menschen seien von der Reizüberfl­utung überforder­t und ließen sich daher von lernenden Maschinen helfen. Das sei gut. Sich völlig die Entscheidu­ngskraft abnehmen zu lassen, sei aber das Ende demokratis­cher Freiheiten. Ingo Hasewend Yvonne Hofstetter. Das Ende der Demokra- tie. C. Bertelsman­n. Mün- chen 2016, 512 Seiten, 23,70 Euro.

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