Gemischte Gefühle vor Grazer Wahl
Regierungsparteien im Land sind mit Grazer Wahlkampf nicht nur glücklich. / Kritik an hohen Zahlungen des Landes an die Landwirtschaftskammern.
In zwei Wochen wird in Graz gewählt – ein Wahlgang, der für die Landespolitik hohe Bedeutung hat. Immerhin sind fast 223.000 Wähler zur Urne gerufen. Sie repräsentieren mehr als 23 Prozent aller Wahlberechtigten im Bundesland. Auch wenn Graz traditionell eine Hochburg der Wechselwähler ist und zahlreiche Sondereffekte wirken, ist das doch ein bedeutsames Stimmungssignal.
Zudem ist der Grazer Wahlkampf vor allem für rote und schwarze Landespolitiker eine heikle Übung. In der ÖVP etwa zählen innerparteiliche Verwerfungen zwischen Stadt und Land seit Langem zur Folklore. Die jüngste Kritik des Grazer Vp-bürgermeisters Siegfried Nagl an den Ordensverleihungen Hermann Schützenhöfers vermittelte davon eine Ahnung, auch wenn die Dissonanz bei der Övp-klausur in Kapfenberg sofort ausgebügelt wurde.
Offiziell ist jetzt alles wieder harmonisch, hinter den Kulissen aber hätte sich mancher Övp-landespolitiker von Nagl deutlichere Konturen und griffigere Themen im Wahlkampf gewünscht. Dass Nagl mehr auf das Thema Bildung als auf das Thema Sicherheit setzt – und damit gleichsam im linken Wählerteich fischt statt im rechten –, wird mit leichtem Unverständnis quittiert. Nagl selbst rechtfertigt dies mit Umfrageergebnissen. Die wiederum sind in ihrer Interpretation nicht unumstritten.
In der SPÖ ist die Lage schwieriger: Der noch nicht allzu bekannte Spitzenkandidat Michael Ehmann hatte nur eine kurze Einarbeitungszeit, und wenn es schlecht läuft für die SPÖ, muss sie in Graz sogar um den Verbleib in der Stadtregierung fürchten. Da verwundert es nicht, dass Landesparteichef Michael Schickhofer bisher den Eindruck vermieden hat, sich allzu stark in den Grazer Wahlkampf einzumischen. Schickhofer blickt derzeit mehr nach Wien: Vom Spö-bundesvorstand wurde er einstimmig zum Koordinator des Parteireformprozesses bestellt.
Nach außen zeigt sich freilich auch die SPÖ geschlossen. Intern hätte sich aber mancher einen aktiveren Wahlkampf der Stadtpartei gewünscht: Es sollte mehr direkte Angriffe auf „Luftund Fantasieprojekte von Nagl“geben, wurde etwa moniert. Eine Gelegenheit für alle Parteien, die Konturen zu schärfen, gibt es kommenden Donnerstag mit der großen Diskussionsrunde der Kleinen Zeitung mit allen Spitzenkandidaten.
Die Landesregierung ringt um einen Sparkurs, aber manchmal knallt sie die Millionen hinaus. So geschehen in der letzten Sitzung vor dem Jahreswechsel, als auf Antrag von Agrarlandesrat Hans Seitinger mehr als 19,9 Millionen Euro an Kostenersatz für die Landwirtschaftsund für die Landarbeiterkammer beschlossen wurden.
Zahlungsgrund dafür ist die umfangreiche Abgeltung von Förderungs- und Beratungsleistungen, die die Kammern für das Land erbringen. Der Bogen reicht vom Wegebau über Bienenzucht, Bergbaumaschinen und Treueprämien bis zur Verteilung von Eu-geldern. Dass dieser Beratungsaufwand nicht aus Kammergeldern, sondern vom Steuerzahler bedeckt wird, begründet Kammerdirektor Werner Brugner mit der schwierigen Lage der steirischen Landwirtschaft.
Im Land mehren sich jetzt allerdings kritische Stimmen: Diese Leistungen seien teils unzeitgemäß oder könnten vom Land selbst viel billiger erbracht werden. So vergibt etwa die Landarbeiterkammer Wohnbaudarlehen an ihre Mitglieder, was angesichts des derzeitig extrem niedrigen Zinsniveaus zumindest auffällt. Auch gibt es in keinem anderen Bundesland eine derart umfangreiche (und teure) Regelung.
Seitinger winkt freilich ab: Schon der frühere Spö-vizelandeshauptmann Peter Schachner-blazizek habe die Zahlungen an die Bauernkammer stoppen wollen. Doch Studien hätten ergeben, dass die Kammer billiger arbeite als das Land. Dem steht freilich ein aktuelles Ergebnisprotokoll zur „Aufgabenreform“im Land entgegen. Dort heißt es wörtlich: „Einsparungen von 18 Prozent sind möglich. Zu prüfen ist vor allem der Umfang der Beratungsleistungen.“Auch bei der Landarbeiterkammer sei „die Organisation zu prüfen“.