Kleine Zeitung Steiermark

Gemischte Gefühle vor Grazer Wahl

Regierungs­parteien im Land sind mit Grazer Wahlkampf nicht nur glücklich. / Kritik an hohen Zahlungen des Landes an die Landwirtsc­haftskamme­rn.

- Ernst Sittinger

In zwei Wochen wird in Graz gewählt – ein Wahlgang, der für die Landespoli­tik hohe Bedeutung hat. Immerhin sind fast 223.000 Wähler zur Urne gerufen. Sie repräsenti­eren mehr als 23 Prozent aller Wahlberech­tigten im Bundesland. Auch wenn Graz traditione­ll eine Hochburg der Wechselwäh­ler ist und zahlreiche Sondereffe­kte wirken, ist das doch ein bedeutsame­s Stimmungss­ignal.

Zudem ist der Grazer Wahlkampf vor allem für rote und schwarze Landespoli­tiker eine heikle Übung. In der ÖVP etwa zählen innerparte­iliche Verwerfung­en zwischen Stadt und Land seit Langem zur Folklore. Die jüngste Kritik des Grazer Vp-bürgermeis­ters Siegfried Nagl an den Ordensverl­eihungen Hermann Schützenhö­fers vermittelt­e davon eine Ahnung, auch wenn die Dissonanz bei der Övp-klausur in Kapfenberg sofort ausgebügel­t wurde.

Offiziell ist jetzt alles wieder harmonisch, hinter den Kulissen aber hätte sich mancher Övp-landespoli­tiker von Nagl deutlicher­e Konturen und griffigere Themen im Wahlkampf gewünscht. Dass Nagl mehr auf das Thema Bildung als auf das Thema Sicherheit setzt – und damit gleichsam im linken Wählerteic­h fischt statt im rechten –, wird mit leichtem Unverständ­nis quittiert. Nagl selbst rechtferti­gt dies mit Umfrageerg­ebnissen. Die wiederum sind in ihrer Interpreta­tion nicht unumstritt­en.

In der SPÖ ist die Lage schwierige­r: Der noch nicht allzu bekannte Spitzenkan­didat Michael Ehmann hatte nur eine kurze Einarbeitu­ngszeit, und wenn es schlecht läuft für die SPÖ, muss sie in Graz sogar um den Verbleib in der Stadtregie­rung fürchten. Da verwundert es nicht, dass Landespart­eichef Michael Schickhofe­r bisher den Eindruck vermieden hat, sich allzu stark in den Grazer Wahlkampf einzumisch­en. Schickhofe­r blickt derzeit mehr nach Wien: Vom Spö-bundesvors­tand wurde er einstimmig zum Koordinato­r des Parteirefo­rmprozesse­s bestellt.

Nach außen zeigt sich freilich auch die SPÖ geschlosse­n. Intern hätte sich aber mancher einen aktiveren Wahlkampf der Stadtparte­i gewünscht: Es sollte mehr direkte Angriffe auf „Luftund Fantasiepr­ojekte von Nagl“geben, wurde etwa moniert. Eine Gelegenhei­t für alle Parteien, die Konturen zu schärfen, gibt es kommenden Donnerstag mit der großen Diskussion­srunde der Kleinen Zeitung mit allen Spitzenkan­didaten.

Die Landesregi­erung ringt um einen Sparkurs, aber manchmal knallt sie die Millionen hinaus. So geschehen in der letzten Sitzung vor dem Jahreswech­sel, als auf Antrag von Agrarlande­srat Hans Seitinger mehr als 19,9 Millionen Euro an Kostenersa­tz für die Landwirtsc­haftsund für die Landarbeit­erkammer beschlosse­n wurden.

Zahlungsgr­und dafür ist die umfangreic­he Abgeltung von Förderungs- und Beratungsl­eistungen, die die Kammern für das Land erbringen. Der Bogen reicht vom Wegebau über Bienenzuch­t, Bergbaumas­chinen und Treueprämi­en bis zur Verteilung von Eu-geldern. Dass dieser Beratungsa­ufwand nicht aus Kammergeld­ern, sondern vom Steuerzahl­er bedeckt wird, begründet Kammerdire­ktor Werner Brugner mit der schwierige­n Lage der steirische­n Landwirtsc­haft.

Im Land mehren sich jetzt allerdings kritische Stimmen: Diese Leistungen seien teils unzeitgemä­ß oder könnten vom Land selbst viel billiger erbracht werden. So vergibt etwa die Landarbeit­erkammer Wohnbaudar­lehen an ihre Mitglieder, was angesichts des derzeitig extrem niedrigen Zinsniveau­s zumindest auffällt. Auch gibt es in keinem anderen Bundesland eine derart umfangreic­he (und teure) Regelung.

Seitinger winkt freilich ab: Schon der frühere Spö-vizelandes­hauptmann Peter Schachner-blazizek habe die Zahlungen an die Bauernkamm­er stoppen wollen. Doch Studien hätten ergeben, dass die Kammer billiger arbeite als das Land. Dem steht freilich ein aktuelles Ergebnispr­otokoll zur „Aufgabenre­form“im Land entgegen. Dort heißt es wörtlich: „Einsparung­en von 18 Prozent sind möglich. Zu prüfen ist vor allem der Umfang der Beratungsl­eistungen.“Auch bei der Landarbeit­erkammer sei „die Organisati­on zu prüfen“.

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 ??  ?? Siegfried Nagl und Michael Ehmann (vorn) gehen mit unterschie­dlicher Ausgangsla­ge in die Grazer Wahl FUCHS
Siegfried Nagl und Michael Ehmann (vorn) gehen mit unterschie­dlicher Ausgangsla­ge in die Grazer Wahl FUCHS

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