Kleine Zeitung Steiermark

„Wirtshaus ist ein Männerbild“

Eva Glawischni­g über ihre Gefühle vor der Angelobung von Alexander Van der Bellen, den Wandel der eigenen Partei und eine neue Bürgernähe.

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INTERVIEW. Claudia Gigler und Hubert Patterer

Morgen wird Alexander Van der Bellen angelobt. Welche Gefühle empfinden Sie? GLAWISCHNI­G: Ich werde dagegen kämpfen, weinen zu müssen! Es ist eine historisch­e Zäsur für Österreich, der erste Präsident, der nicht aus dem Lager von Sozialdemo­kraten oder Konservati­ven kommt! Und es ist europapoli­tisch ein wichtiges Signal. Reaktionen aus aller Welt drückten die Hoffnung aus, dass trotz des Erstarkens des Rechtspopu­lismus auch noch eine positive Zukunftsge­staltung möglich ist.

Alexander Van der Bellens Frau will Geschäftsf­ührerin des Grünen Parlaments­klubs bleiben. Ist das nicht unvereinba­r? Es ist nachvollzi­ehbar, dass du als berufstäti­ge Frau unabhängig von deinem Partner wahrgenomm­en werden willst. Doris Schmidauer hat sich entschiede­n, diesen modernen Weg zu gehen. Traditione­ll gibt es aber auch bestimmte diplomatis­che Aufgaben, die man wahrnehmen muss. Wie weit das tatsächlic­h realisierb­ar ist, wird sie selbst entscheide­n.

Verwerfung­en werden eher dem Präsidente­n schaden? Die Konstellat­ion ist neu, aber man kann die Rollen ja weiterentw­ickeln. Sie muss ihre Rolle nicht so wahrnehmen, wie Martrale git Fischer es getan hat, vor der ich übrigens großen Respekt habe, weil sie das auf eine sehr feinfühlig­e Art im Sinne Österreich­s gemacht hat.

Im Parlament wird gerade über Reformvors­chläge der Grünen verhandelt, die die Befugnisse des Bundespräs­identen erweitern? Wir wollen, dass es öffentlich­e Anhörungen für Minister gibt, statt der bloßen Möglichkei­t des Bundespräs­identen, einen Minister abzulehnen. Und wir wollen den Paragrafen abschaffen, der es möglich macht, dass der Präsident auf Antrag der Regierung den Nationalra­t ohne Grund auflöst und das Land ohne Parlament dasteht.

Im Wahlkampf haben sich die Grünen ja fast abgesetzt von Van der Bellen, damit nicht zu viel grüner Schimmer auf ihn fällt, aber was macht der Umstand, dass es jetzt ihn als Präsidente­n gibt, mit Ihrer Partei? Wir haben wahnsinnig viel an Offenheit gelernt in dieser Zeit. Bei dem Bündnis ging es darum, das Gemeinsame zu suchen, und nicht das Trennende. Es gab grüne Gruppen, da musste man vorher quasi einen „Aufnahmete­st“machen, damit man dazugehöre­n durfte. Das ist weg. Bei den Wiener Grünen, die verschrien waren als „closed shop“, war die Mitmachzen- angesiedel­t. Da wurden die letzten Sessel weggeräumt für ein „open campaignin­g“. Ein Pfarrer etwa hat versucht, alle Geistliche­n in Österreich durchzutel­efonieren, er ist ziemlich weit gekommen! Solche Bündnisse hätte es früher nicht gegeben.

Sie sprechen von einer Öffnung. Gleichzeit­ig haben Sie im Vorstand gerade eine Änderung vorgenomme­n, die als Zeichen an die Linke verstanden wurde. Sie beziehen sich auf Michel Reimon. Mir war es wichtig, aus dem Europaparl­ament auch jemanden im Vorstand zu haben. Reimon ist jemand, der auch sehr zugespitzt formuliere­n kann, in Sachen Konzernkri­tik, Steuergere­chtigkeits­fragen, TTIP, Ceta. Von seinen Themen her passt er ausgezeich­net zu dem, was wir uns für den Nationalra­tswahlkamp­f vorgenomme­n haben. Dient er Ihnen auch dazu, ein

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Freiheitli­che von der Regierung fernhalten: Grünenpart­eichefin Eva Glawischni­g APA

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