Verteidigung eines Verräters
wird“, sagt der Salzburger Regisseur Markus Kubesch, der selbst ein katholisches Internat besucht hat. Er hievt im Auftrag des Schauspielhauses Graz „Judas“als Ein-mann-stück auf die Bühne. Genauer gesagt in 24 verschiedene katholische und evangelische steirische Kirchen von Graz bis Ramsau, von Freitag bis Juni des Jahres. Der Theaterort Kirche birgt viele Herausforderungen: ein transportierbares, schnell aufzubauendes Bühnendesign zum Beispiel. Vibeke Andersen hat dafür einen nach sechs Seiten offenen Kubus entworfen. „Sozusagen einen Ort im Ort“– so werde die Geschichte der jeweiligen Kirche sichtbar, Judas habe darin aber auch einen Rückzugsort.
Fredrik Jan Hofmann, derzeit am Grazer Schauspielhaus in „Der Revisor“oder „Secondhand-zeit“zu sehen, schlüpft in die Rolle des Verräters Judas und fordert die Zuschauer zum Perspektivenwechsel auf – mit Sätzen wie: „Schon seit 2000 Jahren versucht die Menschheit, mich zu begreifen, und ich kann euch eins versichern – dann haben wir das schon mal abgehakt: Sie hat es nicht geschafft.“
Für die Spaltung zwischen Jesus und Judas gebe es laut Kubesch einen klaren Moment: „Jesus entscheidet sich für die Erfüllung einer alttestamentarischen Prophezeiung. Während Judas’ realpolitisches Anliegen der Kampf gegen die Fremdherrscher ist. Die Kirche feiert nun den von Jesus eingeschla- genen Weg, während sie Judas’ Handeln verdammt.“
Regisseur Kubesch sieht in der Judas-figur auch einen brillanten Politiker am Puls der Zeit: Er sagt von Anfang an, es gehe ihm nicht um eine Entschuldigung, es gehe ihm nicht um Rechtfertigung, auch nicht um Beichte oder Reinwaschung. Muss man bibelfest sein, um das Stück zu verstehen? Markus Kubesch sagt „jein, weil einem der kluge Text sehr leichtfüßig entgegenkommt. Je mehr man sich aber mit der Materie beschäftigt, desto intensiver spürt man, wie viele Themen mit heutiger Sprache aufgegriffen werden.“Kleiner Tipp: Warm anziehen, im Mausoleum ist es bitterkalt.