Der Koalitionspoker: Heute wird es persönlich
Uund wohl auch neuen Grazer Bürgermeister sagt man massive Ressentiments gegenüber dem FPÖ-CHEF nach.
Zur Untermauerung kursieren im Rathaus zwei Anekdoten. Eine davon hat Nagl bestätigt: Dass ihm Eustacchio 2013 über einen Mitarbeiter ausrichten ließ, den „Stabilitätspakt“platzen zu lassen, „habe ich nicht vergessen“, so Nagl. Ein anderes Mal, so erzählt man sich, habe Nagl nach einem Gespräch mit Eustacchio mit hochrotem Kopf demonstrativ die Fenster aufgerissen und hereinkommende Gäste um Verständnis gebeten, „dass ich da jetzt einmal durchlüften muss“. mgekehrt verhält es sich ähnlich, wie auch laufende Spitzen im Wahlkampf zeigten. Allerdings sagt man Eustacchio mehr Pragmatismus nach – frei nach dem Motto: Man muss sich in einer Koalition ja nicht abbusseln.
Eine Einstellung, die nicht verwundert: Nicht nur, dass die FPÖ auf den Willen der ÖVP angewiesen ist. Eine solche Koalition und damit ein möglicher
BDVizebürgermeistertitel würde Eustacchio auch parteiintern stärken, nachdem das Wahlergebnis bei allem Plus nicht die Erwartungen erfüllt hat. leiben die inhaltlichen und ideologischen Gräben: Dass die FPÖ im Wahlkampf selbst bei Kindern in In- und in Ausländer trennte („Fremd in der eigenen Schule“), hat man in der ÖVP nicht vergessen. Im Wahlkampf reagierte man sogar mit einem eigenen Video, in dem zwei Kinder unterschiedlicher Herkunft ihre Freundschaft betonen.
Nagl selbst kündigte an, eine Art Integrationspräambel vorzulegen, die jeder unterschreiben muss, der mit ihm zusammenarbeiten will. „Wie bei Nagl üblich, ist das nur eine Überschrift“, so Eustacchio knapp. ie Folge: Hört man sich in beiden Parteien um, findet man keinen, der lautstark für einen solchen Zweierpakt wirbt. „Das würde nie fünf Jahre lang halten“, heißt es meist. In der ÖVP hoffen viele auf eine Zusammenarbeit mit den Grünen und der SPÖ – mit dem Haken, dass dies eine Koalition mit zwei Wahlverlierern wäre.
Bei der FPÖ wiederum meint man betont gelassen, mit einer neuerlichen Oppositionsrolle kein Problem zu haben. Und soll es doch einen Pakt geben, wird es politisch teuer: Eustacchio pocht ja auf das Wohnressort und will eine „freiheitliche Handschrift“sehen. Soll heißen: Österreicher zuerst. Dem steht eben die Integrationsansage der ÖVP diametral entgegen.
Heute, Donnerstag, treffen Nagl und Eustacchio einander zum ersten Vieraugengespräch. Vielleicht kann eine Basis für echte Verhandlungen gelegt werden. Vielleicht wird aber im Bürgermeisteramt danach wieder demonstrativ gelüftet.