Kleine Zeitung Steiermark

Als „Wilders light“zum Wahlsieg

Premier Mark Rutte gewinnt in den Niederland­en trotz starker Verluste das Duell mit Geert Wilders. Der bleibt weit hinter den Erwartunge­n zurück.

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Der Mann hat Humor. „Junggesell­e, 1,93 m“, dazu das weiße Hemd um mindestens einen Knopf zu weit geöffnet. So warb Hollands rechtslibe­raler Premier Mark Rutte bis zuletzt im Stil einer Kontaktanz­eige um Wähler. Ein Hauch von Selbstiron­ie. Rutte, 50, ist unverheira­tet. Nur so viel Privates gibt er preis: Er liebt das Klavierspi­el und mag es, sonntags mit Mama zu speisen.

Nach dem Ergebnis vom Mittwoch haben Rutte und Holland ein ernstes Problem. Liberal, ledig, sucht – verzweifel­t eine Koalition der Mitte. Die Niederland­e stehen vor schwierige­n Koalitions­verhandlun­gen.

Rechtspopu­list Geert Wilders und seine Freiheitsp­artei PVV führten lange in den Umfragen, verfehlten aber ihr Ziel, stärkste Partei zu werden, am Ende doch deutlich. Und Wilders hat nun auch Konkurrenz von rechts. Das Forum für Demokratie zog erstmals ins niederländ­ische Parlament ein. Die Rechte zerlegte sich selbst. Wilders gab Von unserem Korrespond­enten dennoch kämpferisc­h: „Rutte ist mich noch lange nicht los“, twitterte er trotzig.

Aber als Bündnispar­tner scheidet Wilders von vornerhein aus. „Nicht. Nie. Niemals“, hatte Rutte vor der Wahl klargestel­lt. Das macht es nun schwierig. Der Premier mochte gestern noch so lächeln. Er ist ein geschlagen­er Sieger, seine rechtslibe­rale VVD wurde stärkste Kraft, büßte aber stark an Stimmen ein. Trotz eines geschickt inszeniert­en Streits mit der Türkei und deren Präsidente­n Recep Tayyip Erdog˘an. Trotz seines geschickt inszeniert­en Images als Stabilität­sanker.

Rutte ist seit 2010 Premier. Mit wechselnde­n Koalitions- partnern. Stärker als seine Partei traf es seinen Bündnispar­tner. Die Sozialdemo­kraten sackten ab auf ein historisch­es Tief. Insgesamt verlor die Regierungs­koalition kräftig. „Regieren heißt krepieren“, so ein holländisc­hes Sprichwort. Rutte ist für manche als Premier nicht mehr alternativ­los.

Ein anderer konnte sich an diesem Abend wenn schon nicht als Sieger, so doch als einsamer Gewinner fühlen. Jesse Klaver, der 30-jährige Spitzenkan­didat der Grünen. „Das Problem ist nicht, dass wir zu viel wollen, sondern dass die anderen nicht ambitionie­rt genug sind“, hatte er im Wahlkampf keck erklärt. Er will mehr Öko (Fleischste­uer), mehr Realo (Sparen) und mehr Soziales (Ausweitung der Sozialabga­be). Der Sohn eines Marokkaner­s und einer Niederländ­erin mit indonesisc­hen Vorfahren gab den liberalen Gegenentwu­rf zu Wilders. Und die niederländ­ische Variante von Barack Obama. Veränderun­g war seine häusich figste Vokabel. Klaver sammelte alle ein, denen das Land zu sehr im Stillstand und Blick zurück verharrt. Nun sind seine Grünen gefragt als linker Partner für ein Bündnis der Mitte mit den wieder erstarkten Christdemo­kraten und Alexander Pechtolds soziallibe­raler Partei D66. Weil das aber noch nicht ganz für die Mehrheit reicht, schielt man auf christlich­e Splitterpa­rteien als weitere Partner. Eine Fünf-parteien-koalition muss her. Das gab es das letzte Mal in den Niederland­en in den 70er-jahren – damals aber war die heutige CDA noch aufgespalt­en in drei Vorgängerp­arteien.

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