Klein, allein und doch so groß
vergöttern oder mit Adele mitleiden, sind seine Fanbase. Auch Burschen von nebenan, Mittzwanziger und vereinzeltes Mittelalter singen, springen mit.
Dumpf pumpt er die Bassdrum mit dem Gitarrenkorpus in seine Loopstation, die seine Songs Schicht für Schicht in Endlosschleifen aufbaut. Scharf schlägt er mit dem Plektrum über die Seiten, macht den Rhythmus perfekt, ehe er Riffs einspielt, Chöre einsingt und mit prägnanter Stimme einsteigt. Immer am Punkt, nur einmal („Hey, that’s live!“) muss er ein zweites Mal beginnen.
So zieht er Massen in seinen Bann. Allein vor 80.000, hieß es am bisherigen Karriere-höhepunkt in Londons Wembleystadion 2015. Gleich drei Mal füllte er die Arena, hatte insgesamt 240.000 Menschen mit seiner „Little Martin“im Griff.
Wie könnte es vor 17.000 in Berlin nicht spielend gelingen? Geschichten aus seinem Leben, große Gefühle und manch große Enttäuschung serviert der Rotschopf mit dem bleichen Gesicht. Einige Songs sind zu nahe am Schmalztopf gebaut, mit seinem Rhythmus oder einem rausgebellten Rap rettet er den Abend vor dem Absturz ins Klebrige. „Haltet euch bloß nicht zurück, tanzt, singt, tut, was immer ihr wollt!“, ruft er – und die Fans lassen sich nicht lange bitten.
ist sein drittes Album „Divide“auf dem Markt. „Und obwohl Englisch nicht eure Muttersprache ist, kennt ihr jede Zeile, das ist Wahnsinn“, geht Ed das Herz auf. Mit „Castle on the Hill“und „Shape of You“belegte er gleichzeitig Platz zwei und eins, die britidjs schen Top 20 dominierte er mit 16 Songs – das sind alle Titel von „Divide“. Dabei schwächelt das neue Album teils kräftig – da hört man zu viel „Unchained Melody“heraus, und „Barcelona“, man will es gar nicht beichten, erinnert an Barry Manilow.
Live macht er auch schwächeren Songs Beine. Im Zeitalter, da DJS selbst Popstars geben, quält das Publikum die Sehnsucht nach dem Echten, dem Handwerk, großen Gefühlen im Holzfällerhemd. Da schlägt Eds Stunde, trifft der Unscheinbare, der Kleine, der Gute und Talentierte ins Herz der Massen.
Ja, er ist ein Performer der Sonderklasse. Trotzdem ahnt man: Der Faserschmeichler wird in seine Loopstation bald noch ein, zwei Kanten mehr einspielen müssen, damit sich die Masche in der Endlosschleife nicht verbraucht.