Das Kreuz des Unheils für die Juden
EEs war immer der Karfreitag, den die Juden am meisten gefürchtet haben. Aufgestachelt von den Schilderungen des qualvollen Kreuzestodes Jesu drangen Christen immer wieder in jüdische Gettos ein, steckten Synagogen in Brand und verprügelten, vertrieben oder ermordeten deren Bewohner. Dabei meinten sie auch noch den Willen Jesu zu erfüllen, denn dieser habe die Synagoge – und mit ihr das Judentum – doch selbst ausgerottet, wie Darstellungen von „lebenden Kreuzen“zeigen. So auch jenes in der Kirche von Thörl-maglern in Kärnten. Im Zentrum eines reichen Freskenzyklus aus der Zeit um 1470 steht das Kreuz, aus dessen hölzernen Querbalken zwei Hände wachsen. Die rechte Hand setzt einer gut gekleideten Frau die Krone auf, die linke Hand hingegen rammt einer zweiten Frau, die mit verbundenen Augen auf einem klapprigen, aus hundert Wunden blutenden Esel reitet, das Schwert durch den Kopf in die Brust. Die schöne, gekrönte Frau symbolisiert die Kirche, die hässliche die Synagoge.
Christen hielten es unter Berufung auf „lebendige Kreuze“für erlaubt, Juden zu verfolgen. Und diese seien an ihrem Unglück auch noch selbst schuld, heißt es doch im „Blutruf “der Juden (Matthäus 27,25): „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“Deswegen waren für viele Christen nicht nur die Juden von Jerusalem mit ihrem „Ans Kreuz mit ihm!“vor 2000 Jahren schuld am Tod Jesu, sondern die Juden aller Zeiten.
Von dieser judenfeindlichen Theologie hat sich die katholische Kirche radikal abgewandt. Die Juden werden seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht mehr als „Gottesmörder“bezeichnet, sondern als „die älteren Brüder im Glauben“. Immer stärker hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass Jesus als gläubiger Jude gelebt hat und als solcher auch gestorben ist. ine kleine Tafel, die im Geist des Konzils aufklärt, würde die Fresken von Thörl-maglern in ein anderes, der heutigen Kirche entsprechenderes Licht rücken.