Immer mehr wollen weniger
Zu viele Dinge, zu wenig Zeit: der neue freiwillige Minimalismus.
Weniger ist mehr. Wobei weniger für jeden etwas ganz anderes bedeutet: weniger Möbel, weniger Kleidung, weniger Stress, weniger online sein, weniger vom Alleshaben. Weniger vom schneller. Mehr vom langsamer. Verzichten ist die neue Trendbewegung. Dabei geht es aber nicht darum, wieder einmal für einige Wochen einem Trend hinterherzuhechten. Nein, dieses Mal dringt das Phänomen tiefer. Es sickert in alle möglichen Lebensbereiche. „Wir haben oft zu viele Dinge und zu wenig Zeit: Minimalismus hilft“, bringt es Autorin und Kreativdirektorin Lina Jachmann auf den Punkt. Die Hamburgerin hat sich für ihr Buch „Einfach leben“dem Thema „Minimalismus“über jene Menschen genähert, die dieses Konzept schon viele Jahre leben. Jachmann hat zum Beispiel den pensionierten Berliner EnergieBerater Joachim Klöckner besucht, dessen ganzer Besitz aus 50 Dingen besteht – die Socken einzeln (!) eingerechnet. Er stellt sich bereits seit 30 Jahren immer wieder die Frage: „Was brauche ich wirklich, wirklich, wirklich?“Doch die Beweggründe für eine minimalistische Lebensweise sind äußerst unterschiedlich. Die einen streben nach reiner, klarer Ästhetik, die sich momentan in allen Lebensbereichen – Möbel aus Pressspanplatten, klare Schnitte in den Auslagen – widerspiegelt. Andere wollen bewusster und ressourcenschonender leben. Lina Jachmann: „Minimalisten sehen sich als Verbraucher und nicht als Konsumenten. Sie kaufen nur das, was sie wirklich (ver)brauchen.“Andere wollen wiederum einfach mehr Durchblick. Den Aktenordner des Lebens neu sortieren, wieder Übersicht haben, da einem der ganze Krempel vielleicht doch die Aussicht auf das Wesentliche verstellt.