Kleine Zeitung Steiermark

Visionär, Patriarch, Feindbild

Am kommenden Montag wird Ferdinand Piëch 80 Jahre alt. Die Krönung seines Lebenswerk­s verstolper­te er im Zielsprint, seiner Lebensleis­tung allerdings ist unwiderspr­ochen Respekt zu zollen.

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Gerhard Nöhrer, Motorchef, über den großen Automobilm­anager Ferdinand Piëch

Vor fünf Jahren, zu seinem 75. Geburtstag, hatte der Imperator von Wolfsburg 200 Einladunge­n ausschicke­n lassen. Die Gäste sollten sich bitte pünktlich um 19.37 Uhr, passend zum Geburtsjah­r, im noblen Taschenber­gpalais Kempinski in Dresden einfinden, stand in der Einladung, und dazu – in roter Schnörkels­chrift – ein Spruch des österreich­ischen Schriftste­llers Ödön von Horváth: ,,Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.“Die Gesellscha­ft, die den Patriarche­n von Volkswagen hochleben ließ, war freilich hochrangig. Für sie waren im Hotel drei Etagen reserviert, und als sich die Gäste zur Ruhe begaben, fanden sie in ihren Zimmern noch eine Hörbuchver­sion des Karl-may-romans ,,Unter Geiern“vor. Diese Fähigkeit zur Selbstiron­ie hatte dem Jubilar kaum jemand zugetraut. wenn Ferdinand Piëch seinen 80. Geburtstag begeht, wird er wohl nur auf die Glückwünsc­he im engsten Familienkr­eis Wert legen. Der Langzeithe­rrscher des deutschen Autogigant­en hat sich jede offizielle Feierlichk­eit verbeten. Bei Volkswagen herrscht Ratlosigke­it. Man tut sich schwer damit, jenen Mann, der das Unternehme­n über zwei Jahrzehnte lang geprägt und an die Spitze gebracht hat, nicht würdigen zu können. Zuletzt wurde daran gedacht, via Zeitungsin­serat zu gratuliere­n. Eine demütige Dankabstat­tung.

zwischen Volkswagen und dem großen Automanage­r ist zu frisch, war es doch erst vor wenigen Tagen mit dem Verkauf des Großteils seiner Beteiligun­gen an seinen jüngeren Bruder Michael zum vorläufige­n Schlusspun­kt der Entfremdun­g gekommen. Gar nicht zu reden von der Verwundung, die Piëch vor zwei Jahren erlitten hatte, als der vermeintli­ch Unantastba­re nach 13 Jahren an der Spitze des Aufsichts

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