Der große Tag des Parlaments
Selten wird das Parlament als Widerlager der Regierung so gut kenntlich wie an diesem Tag der Überraschungen.
REPORTAGE.
Ein „Pakt der Verantwortung“beendet diesen Tag. Neos-chef Matthias Strolz hat ihn vorgeschlagen in hitziger Redeschlacht, damit nicht wieder Milliarden mit wechselnden Mehrheiten verpulvert werden vor der Wahl. SPÖ und ÖVP haben zugestimmt, freut sich der Oppositionspolitiker.
Um acht in der Früh hatte es anders ausgesehen. Trauben von Kamerateams lauern in den Wandelgängen des Parlaments. Der Ministerrat tagt ausnahmsweise hier, es geht um viel. Wird Christian Kern Justizminister Wolfgang Brandstetter akzeptieren als seinen Vizekanzler oder weiter beharren auf dem neuen ÖVP-CHEF ?
Sebastian Kurz steht im Scheinwerferkegel und sagt, was er immer gesagt hat: Konstruktiv wolle man am gemeinsamen Programm weiterarbeiten, sieben Punkte der ÖVP nennt er, zehn der SPÖ. Vize aber soll Brandstetter sein, wiederholt Kurz. Die Spö-minister empören sich, einer nach dem anderen. Der neue Machthaber in der ÖVP solle selbst die Verantwortung übernehmen, nur so sei konstruktive Arbeit möglich. Es ist eine gute Gelegenheit – nicht die letzte an diesem Tag –, noch einmal alle Vorwürfe gegen den neuen Gegenspieler aufzulisten, vor allem aber einen: Kurz scheue Verantwortung. Zuletzt biegt noch der Bundeskanzler ums Eck stößt in dasselbe Horn.
Eine Stunde später beginnt die Nationalratssitzung. Nichts ist wie geplant. Nur ein Thema interessiert – wie es weitergeht. Gerade hat der Kanzler eine Rede für die Mittagszeit angekündigt. Kurz nützt das Fehlen Kerns am Vormittag, seine Deutung der Ereignisse vorzubringen. Die Opposition schießt sich auf ihn ein, unterbricht ihn wieder und wieder. Kurz wartet, redet ruhig weiter, geht auf und