Kalter Krieg
Statt zum Ministerrat lädt Kanzler heute zu Sechsparteiengespräch. Hartes Ringen um Einigung beim Paket zur Schulautonomie.
SPÖ und ÖVP haben sich auseinandergelebt. Statt zum traditionellen Ministerrat am Dienstag ins Kanzleramt bittet Christian Kern am heutigen Tag alle Parlamentsparteien zu Gesprächen ins Hohe Haus am Ring. Der Bundeskanzler will mit der ÖVP und den vier Oppositionsparteien Themen besprechen, die einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. Zentraler Punkt ist das fast ausverhandelte Schulautonomiepaket. Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid erhöhte gestern in einem Pressegespräch – pikanterweise im Beisein von Schulexperten aus dem tiefschwarz regierten Südtirol, wo die Schulen seit dem Jahr 2000 in Cluster zusammengefasst sind und über größtmögliche Autonomie verfügen – den Druck: „Ich gehe davon aus, dass die
ÖVP, die das Paket mitverhandelt hat, zur Vereinbarung steht.“
Um sich nicht den Vorwurf einzuhandeln, die Zusammenarbeit zu torpedieren, hat sogar ÖVP-CHEF Sebastian Kurz sein Kommen zur heutigen Unterredung ab 13.15 Uhr in den heiligen Hallen des Parlaments zugesagt. An sich sind nur die Klubobleute, darunter Reinhold Lopatka, geladen. FPÖ-CHEF Heinzchristian Strache glänzt wegen eines Termins in Linz durch Abwesenheit, er lässt sich durch Harald Stefan vertreten, die Grünen entsenden den Abgeordneten Albert Steinhauser. Matthias Strolz (Neos) und Robert Lugar (Team Stronach) sind fix dabei.
Dass die heutige Zusammenkunft der Auftakt zu einem Spiel der freien Kräfte im Parlament sein könnte, wie vom Kanzler angekündigt, ist mehr als fraglich. Die ÖVP hat zwar beteuert, sie würde die SPÖ nie überstimmen, die Zusicherung gilt aber nur für die Dauer der aufrechten Koalition. Sollte die SPÖ ausscheren, kann sich die ÖVP nach Informationen der Kleinen Zeitung durchaus vorstellen, allenfalls einen von der
Opposition eingebrach- ten Misstrauensantrag gegen einen Spö-minister zu unterstützen. Dieses Gleichgewicht des Schreckens würde ein Überstimmen vereiteln.
Die ÖVP hat aber noch eine zweite Vorkehrung getroffen. Dem Vernehmen nach existiert eine stille Vereinbarung mit der FPÖ und einigen wilden Abgeordneten, um ein Überstimmen zu verhindern. Ob diese Vereinbarung bis zum Wahltag hält, bleibt offen. Wegen der hauchdünnen Mehrheitsverhältnisse könnte die SPÖ de facto nur unter Einbindung der FPÖ die Volkspartei im Nationalrat überrumpeln.
Beim Schulautonomiepaket bedarf es der Zustimmung der Grünen oder der FPÖ. Die Grünen machen diese von der Ausweitung der Schulversuche auf ganz Vorarlberg abhängig. Die Lehrergewerkschaft will frühestens nächste Woche entscheiden.