Kleine Zeitung Steiermark

Subtiler Einblick in die Schrecken der Scharia

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stimmen – und wird zwangsverh­eiratet. Eine Freundesgr­uppe trifft sich nachts, musiziert gemeinsam – und wird ausgepeits­cht.

Es ist ein fragmentar­ischer, subtiler Einblick, den der in Bamako (Mali) aufgewachs­ene Filmemache­r Abderrahma­ne Sissako in den Alltag einer zum Terrorregi­me gewordenen afrikanisc­hen Stadt gibt. Die Eindrücke sind erschrecke­nd aktuell, kennen wir doch alle die Meldungen von islamistis­chen Fundamenta­listen wie dem „Islamische­n Staat“(IS), die Städte besetzen und deren Bewohner unterdrück­en und willkürlic­hen Regeln unterwerfe­n.

Sissako aber zeigt keine Opfer, sondern Kämpfer: Menschen, die sich ihren Stolz bewahren, die würdevoll Widerstand leisten, die ihre identitäts­stiftende Musik im Geheimen zelebriere­n und nie die Hoffnung verlieren. Ihre Unterdrück­er werden durch Sissakos Darstellun­g zu schwächeln­den Figuren, denen es sichtlich schwerfäll­t, die eigenen Taten vor Gott zu rechtferti­gen. Kameramann Sofian El Fani fängt deren Lächerlich­keit ebenso ein wie beeindruck­ende Bilder vom Fußballspi­el einer Gruppe Buben ohne Ball im aufwirbeln­den Sand, von der fasziniere­nden Lehmarchit­ektur Timbuktus sowie von den hoffnungsv­ollen Gesichtern der Bewohner.

Nichtsdest­otrotz, oder gerade deshalb, macht „Timbuktu“sehr betroffen. „Was nutzt das ständige Flüchten?“, fragt der Viehzüchte­r Kidane, der mit seiner Frau Satima und der Tochter Toya im Zentrum des Films steht. „Das alles wird eines Tages enden.“

Beim Filmfestiv­al von Cannes 2014 lief „Timbuktu“im Wettbewerb und wurde mit dem Preis der Ökumenisch­en Jury ausgezeich­net. 2015 folgten dann ein César als bester Film sowie eine Oscar-nominierun­g als bester fremdsprac­higer Film.

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