Herberstein: Bestseller der Frühen Neuzeit
Vor 500 Jahren bereiste Sigismund von Herberstein das Zarenreich. Sein Reisebericht prägt das Russlandbild bis heute. In Graz treffen sich nächste Woche Experten zum großen Herberstein-symposium.
Es waren Reisen in eine weitgehend unbekannte Welt, die der österreichische Botschafter Sigismund von Herberstein (1486–1566) im 16. Jahrhundert antrat. Berühmt wurde er aber nicht, weil er das damalige Moskowien, auch Rus genannt, nur bereiste – allseits bekannt machte ihn seine Dokumentation „Moskovia“, die zu Lebzeiten dreimal nachgedruckt und vom Lateinischen ins Deutsche, Italienische und Englische übersetzt wurde.
In diesem Bericht beschrieb der Spross des bekannten steirischen Adelsgeschlechts Land und Leute, Fauna und Flora, kurzum: Er lieferte ein Bild einer Region in all ihren Facetten, wobei er sogar dem Wetter Zei- len schenkt, wenn er etwa schreibt: „Oft ist hier der Frost so stark, dass die Erde Risse bekommt, ähnlich wie bei uns bei starker Hitze. Dann gefriert sogar das Wasser oder die Spucke an der Luft, noch bevor sie zu Boden fällt.“
Die Leidenschaft und Detailversessenheit, mit der Herberstein schrieb, macht auch verständlich, warum er zeit seines Lebens die damals bekannte Welt bereiste. Zwischen 1515 und 1553 unternahm er 69 Auslandsreisen, wovon vor allem jene zum osmanischen Sultan (1541) und die beiden nach Russland (1516/1517 und 1525/ 1526) von Bedeutung waren. Denn: Bei Sultan Süleyman I. erwirkte er eine Waffenruhe, die Russlandreisen veränderten den Blick des Westens auf den Osten nachhaltig.
Die erste Diplomatenreise führte Herberstein im Auftrag von Maximilian I. nach Rus, die zweite leitete er als kaiserlicher Gesandter von Karl V. Diese Reise führte ihn auch an den Hof des Großfürsten.
1549 erschien daraus die lateinische Erstausgabe „Rerum Moscoviticarum Commentarii“, 1557 wurde das Werk auf Deutsch übersetzt präsentiert. Es ist das erste Mal, dass ein Westeuropäer sich derart detailreich und auch kritisch dem Bild des Ostens annahm. Dabei ließ Herberstein bei seinen Beobachtungen kaum ein Detail aus, berichtete von architektonischen Besonderheiten wie etwa den hölzernen Prunkbauten sowie von der eigentümlinoch chen Kleidung der Moskowiter. Meist seien deren Stiefel rot, die Hemdkragen voller Blumenstickereien und die Knöpfe mit Perlen verziert. Sogar vom richtigen Verhalten vor dem Großfürsten, einem Herrscher in Rus, erzählte er. Beim Dank müsse die Stirn auf den Boden, Verbeugen sei das Mindeste und wenn der Großfürst Salz von seinem Tisch an den des Gastes schicken ließ, sei das „eine große Gunst“.
Herberstein wurde außerdem Zeuge einer Jagd mit 400 Trophäen und er erlebte den Kampf der Knechte gegen einen Bären. Für längere Reisen empfahl er übrigens den Pelz eines Polarfuchses, da dieser am besten wärme. Zum Abschied bekam