Deklaration gegen Terror
Über 300 Imame verurteilen die weltweiten Anschläge und rufen zur Integration auf. Es regte sich aber auch Kritik am Dokument.
Die Imame der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGIÖ) haben gestern Vormittag eine Deklaration gegen Extremismus und Terror unterzeichnet. In dem Dokument, das von mehr als 300 Geistlichen vor dem islamischen Zentrum in Wien-floridsdorf, Österreichs größter Moschee, verabschiedet wurde, werden nicht nur sämtliche Terroranschläge weltweit verurteilt, es wird auch zur Integration der Muslime aufgerufen. Iggiö-präsident Ibrahim Olgun sprach von einem „historischen Tag“.
Die Initiative für die Deklaration sei von den Geistlichen selbst ausgegangen, betonte Olgun. „Deklaration der Imame in Österreich gegen Extremismus, Gewalt und Terror“lautet deren genauer Titel. Appelliert wird darin an sämtliche Muslime, einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben in Österreich zu leisten. Weiter heißt es: „Wir verurteilen terroristische Gewalttaten in der ganzen Welt.“ Zudem werden die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft dazu angehalten, an sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen teilzunehmen. Die Imame warnen in ihrer Deklaration auch vor Rassismus jeglicher Art, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Eine dadurch angeheizte Stimmung wäre „ein perfekter Nährboden für extremistische Tendenzen in vielen Teilen der Gesellschaft“.
Betont wird in dem Dokument auch „das Festhalten an verfassungsrechtlichen Prinzipien in der Republik Österreich, darin eingeschlossen und besonders hervorzuheben die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, Pluralismus, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Zudem unterstrichen die islamischen Geistlichen die Bedeutung der Präventions- und Deradikalisierungsarbeit, vor allem im Zusammenhang mit Jugendarbeit. Gleichzeitig warnen die Imame vor einer „pauschalierten Stigmatisierung der muslimischen Bevölkerung und antimuslimischem Rassismus in Österreich“. In der aktuellen Situation sei es wichtiger denn je, „klar zu differenzieren“, um religiöse Minderheiten vor populistischem Missbrauch und Anfeindungen zu schützen.
Olgun hofft nun, dass die Botschaft der Deklaration – besser als vergangene einzelne Distanzierungen von Terrorattacken – in der Bevölkerung ankommt. „Eine Religion, die für Frieden steht, kann keine fundamentalistischen, terroristischen oder radikalen Züge haben“, betonte er vor der Unterzeichnung. Vielmehr werde bei Anschlägen im Namen des Islam der Glaube „beschmutzt“. Dennoch werde man in den österreichischen Moscheen weiterhin Toleranz und Liebe predigen.
Religionswissenschaftler Ednan Aslan begrüßt zwar die Deklaration, übt aber auch Kritik daran: Für ihn geht sie zu wenig weit. „In dieser Erklärung vermisse ich, dass man sich nicht mit dem Ziel des IS in Syrien, sondern mit dessen Methoden auseinandersetzt. Was will der IS? Er will einen islamischen Staat, er will ein Kalifat. Wie gehen wir mit diesen Begriffen um? Wollen wir einen islamischen Staat? Wollen wir ein Kalifat? Diese Lehre sollte in der islamischen Theologie neu kritisch reflektiert werden.“Sonst kritisieren wir die Methode des IS, aber dessen Ziele bleiben in der islamischen Lehre bestehen“, mahnt Aslan.