Kleine Zeitung Steiermark

„Mein Schicksal wurde zur Chance“

- Von Ingo Hasewend und Maria Schaunitze­r

Die blinde Äthiopieri­n Yetnebersh Nigussie, Menschenre­chtsexpert­in der österreich­ischen Organisati­on Licht für die Welt, ist eine der Preisträge­rinnen des diesjährig­en Alternativ­en Nobelpreis­es.

Sie selbst sind seit Ihrem fünften Lebensjahr blind und konnten einer in Äthiopien üblichen frühen Ehe entfliehen, weil Sie aufgrund Ihrer Beeinträch­tigung als ungeeignet für eine Heirat betrachtet wurden. Ihre Mutter schickte Sie stattdesse­n in die Schule. Sie wurden Juristin und setzen sich seither für Menschen mit Behinderun­g in Ihrer Heimat ein. Was bedeutet diese Auszeichnu­ng nun für Ihren persönlich­en Lebensweg? YETNEBERSH NIGUSSIE: Es ist eine große Auszeichnu­ng und unterstrei­cht die Qualität meiner Arbeit als Bürgerrech­tlerin. Aber der Preis bringt auch große Verantwort­ung mit sich. Dessen bin ich mir sehr bewusst.

Was bedeutet der

Licht für die Welt?

Es ist eine große Motivation für unsere Arbeit und zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es ist auch eine große Chance, den Bekannthei­tsgrad unserer Arbeit zu steigern. Preis für

Gibt es Pläne, welche Projekte man mit dem Preisgeld fördern möchte?

Das ist eine schwierige Frage, weil wir es noch immer gar nicht fassen können. Aber es gibt noch viele Dinge zu verändern, im Speziellen auf dem Bildungsse­ktor für Menschen mit Behinderun­g. Und mein Herz hängt wirklich an diesem Thema, weil mein Schicksal wurde nur durch Bildung zu einer Chance. Das Geld wird sicher gut investiert werden.

Wie ist die Situation von Menschen mit Behinderun­g in Äthiopien und anderen Entwicklun­gsländern?

Die meisten Menschen bekommen nach wie vor nicht die nötige Pflege oder Bildung. Nur etwa drei Prozent aller Kinder mit Behinderun­gen in Äthiopien können zur Schule gehen und nur zwei Prozent haben Zugang zu geeigneter medizinisc­her Versorgung. Das ist Realität in vielen Entwicklun­gsländern. Schlimmer noch ist die Situation in Krisenregi­onen. Oft werden Menschen mit Behinderun­gen einfach zurückgela­ssen. Wir versuchen, mit unserer Arbeit jene zu erreichen, die alleinegel­assen werden.

Was war Ihre Motivation, sich für die Rechte von Menschen mit Behinderun­g einzusetze­n?

Mein persönlich­es Schicksal. Ich konnte eine spezielle Schule für Blinde besuchen, war aber trotzdem Diskrimini­erung ausgesetzt. Das machte mich zur Kämpferin für meine eigenen Rechte. Und seither kämpfe ich dafür, dass es künftige Generation­en einmal einfacher haben werden.

Das klingt, als würden sich die Dinge nur langsam verändern. Bewusstsei­nsbildung ist leider ein langsamer Prozess. Es ist leicht, ein Haus umzubauen

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