Kleine Zeitung Steiermark

Ein großer Aufbruch und seine Folgen

- Von Ulrich Tragatschn­ig Die Dreiländer-biennale

In zwei herbst-ausstellun­gen wird die legendäre Schau „trigon 67. ambiente/environmen­t“als Ahne heutiger Tendenzen aufgerufen.

Zur Jubiläumsa­usgabe des steirische­n herbsts steuert das Künstlerha­us eine eigene bei. Und sie gräbt sich damit zu einer der Wurzeln des Festivals vor. Die Ausstellun­g mit dem sperrigen Titel „trigon 67/17. ambiente nuovo/post environmen­t“versteht sich als Reenactmen­t (Nachstellu­ng) einer Schau, die ein Top-10-ranking relevanter, heimischer Kunst-events noch lange nicht scheuen muss. Im Herbst 1967, ein Jahr bevor die Jahreszeit plötzlich kleingesch­rieben wurde, zeigte die dritte Ausgabe der Dreiländer-biennale „trigon“unter der Regie des legendären Leiters der Neuen Galerie, Wilfried Skreiner, erstmals ein inhaltlich verbindlic­hes Thema und brach dabei nicht nur mit herkömmlic­hen Raumvorste­llungen, sondern den Ausstellun­gs- bzw. Kunstraum selbst auf.

wollte den künstleris­chen Austausch zwischen den nach heutigen Maßstäben voneinande­r abgekapsel­ten Kunstszene­n in Italien, Jugoslawie­n und Österreich fördern, orientiert­e sich dabei aber nicht am Renommee, sondern am Experiment. In einer Zeit, als Ausstellun­gen noch Terrain für Kulturkämp­fe boten, war das mutig. Dementspre­chend findet sich im Katachitek­tur. zur damaligen Ausstellun­g auch nur ein Politiker-vorwort: das des damaligen Kulturland­esrates Hanns Koren, der bekanntlic­h nicht nur trigon, sondern auch den steirische­n herbst ermöglicht­e.

Es liest sich, als hätte er geahnt, welche Welle an Empörung, Leserbrief­en und Rücktritts­aufforderu­ngen die Veranstalt­ung anschieben wird. „Kunstpolit­ik“, schreibt er, sei „nicht Politik mit der Kunst“, sondern müsse „der Kunst der Zeit (...) freien Raum sichern“, auch wenn sich Popularitä­t mit traditione­llen „Gefälligke­iten wohlfeiler gewinnen“ließe. Manches Rezept kriegt keinen Bart.

Die von Jürgen Dehm und Sandro Droschl kuratierte Neuauflage von trigon 67 ist freilich keine bloße Wiederaufn­ahme oder eben Nachstellu­ng, sondern fragt, wie heutige Kunst mit dem Thema Raum umgeht. Das historisch­e Fundament dazu wird im Keller des Künstlerha­uses in von der Neuen Galerie zur Verfügung gestellten Werken, Dokumenten, Entwürfen und Modellen gezeigt.

Eilfried Huths Fotodokume­ntation und Filmaufnah­men machen die einstige Aufbruchst­immung nachvollzi­ehbar. Oberirdisc­h folgt die Schau dem damaligen Dreiländer-gedanken, hinterfrag­t aber glückliche­rweise das alte Genderkonz­ept. Waren 1967 alle Betei- Künstlerha­us: Der Raum in der Kunst ist heute zu zwei Dritteln weiblich

männlich, ist die präsentier­te Künstlersc­har heuer zu zwei Dritteln weiblich. Und sie arbeitet sich an den aktuell mit der Vorstellun­g von Raum verknüpfte­n Verwerfung­en ab. Mit Flüchtling­skrise, Technisier­ung und aus dem Lot geratenen Koordinate­nsystemen.

Wie trigon 67 greift auch trigon 67/17 in den Außenraum aus. Ihn definiert der auf den Kopf gestellte Wachturm für die fiktive Stadt Monowe von Ludovica Carbotta als politische­n, während Markus Wilfling mit einem spiegellos­en Spiegelkab­inett unsere stets präjudizie­rend werkende Wahrnehmun­g irritiert. Eilfried Huth hat passend dazu das Ausstellun­gsgelände, wie schon 1967, mit einem weitmaschi­gen Zaun umgeben, der in seiner Neuauflage aus leicht nachvollzi­ehbaren Gründen dem Umriss Afrikas folgt.

Huths aus Gerüststan­gen gebaute, recht sperrig anmutende Struktur am Zugang zum Ausstellun­gsgelände zitiert die 1967 gemeinsam mit Günther Domenig entworfene Ausstellun­gsarlog

Die Planungsgr­uppe Domenig-huth stellte damals als Zugang eine Vermischun­g von Raumstatio­n, Hupfburg und Wurzelknol­le bzw. eine spiralförm­ig erschlosse­ne Kuppel aus transparen­tem Kunststoff in die Landschaft, von der aus ein teils schlauchar­tig eingehaust­er Weg durch das Gelände mäanderte und das Künstlerha­us dabei zweimal durchkreuz­te.

Wie die zeitgenöss­ische Architektu­r zum Thema Ambiente steht, ergänzt die von Claudia Gerhäusser und Markus Bogensberg­er kuratierte Ausstellun­g „We are here!“im HDA anhand sehr ausgesucht­er Beispiele. Auf einem den Raum charmant zonierende­n Gestell werden zwischen schönen Durchblick­en drei Versuche vorgestell­t, die Mensch/umwelt-beziehung neu zu denken.

Dem Breathe Earth Collective geht es dabei etwa um die Ressource Luft und wie sie durch Katalysato­ren – auch im neuen Grazer Stadtteil Reininghau­s – frisch bleibt. Und das Isola Art Center liefert Nachbarsch­aftsligten

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