Im Dienste einer Wohlfühlpädagogik
Nach dem 9. Schuljahr haben Schülerinnen das Ticket für die Matura in der Tasche zu haben“, so dozierte jüngst ein namhafter Bildungsexperte vor Lehrenden. Diese Aussage provoziert Überlegungen zu gefälligkeitspädagogischem Abschlussfetischismus und Leistungsstreben. In Österreich haben alle Zugang zur Bildung, das ist gut so. An Hochschulen findet man heute Studentinnen, welche brillanter sind als je zuvor. Andererseits weisen zu viele Defizite auf, sind schwer motivierbar, mäßig interessiert. Schon aus der Sekundarstufe 1 bringen Schülerinnen nicht selten unzureichende Grundkenntnisse mit. Nicht wenige sehen ihre Bildungschance als Recht ohne Leistungsbereitschaft, als ein Absitzen der Zeit. Der Abschluss einer Lehre, einer höheren Schule rein im Dienste einer Wohlfühlpädagogik ist nicht nur für den einzelnen Jugendlichen desaströs, sondern auch für Unternehmen, Fachhochschulen und Universitäten mittlerweile ein enormes Qualitätsproblem. Gefestigtes Wissen ist essenzieller volkswirtschaftlicher Bildungsanspruch, nicht allein ökonomische Ambition. Bildung eignet man sich nicht rasch in einer nebenbei erworbenen Matura, nicht durch bloße Anwesenheit in Schulen, nicht in einem massiv durch Rechte geprägten Lehrverhältnis an. Es ist die Bereitschaft, dem Prozess des Lernens Zeit, Überwindung, Reflexion und Kritik zuzugestehen. Wer nicht den Mut findet, Leistung zu fordern und junge Menschen zu fördern, lässt diese im Stich. Man gaukelt ein anderes System vor als jenes, welches unsere Elternund Großelterngenerationen zu unser aller Vorteil geschaffen haben, dies ist nicht im Sinne reiner Beliebigkeit zu verstehen. ir werden im tertiären Bereich über kurz oder lang vor allem in den Mint-fächern scheitern. Hier hilft keine überdimensionale finanzielle Ressourcenzuteilung, kein Jammern, keine Aufnahmeprüfung. Leistungsentfremdete Pädagogik entzieht der Volkswirtschaft Wissensgeist, somit Exzellenz und Prosperität. Diese aber ist abhängig vom Bildungsstand leistungsorientierter Akteure und deren soziokultureller Gestaltungskompetenz.
WUniversitätslektorin ist Lehrerin und der Karl-franzens-universität