Haus Drei & mehr
Nassim Soleimanpour: „Weißes Kaninchen, rotes Kaninchen“.
Man könnte sagen, Nassim Soleimanpour hat ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert und verblüfft mit seinem Trick die ganze Welt. Der fiel ihm ein, nachdem er passlos reisematt gesetzt worden war. 1360 in Teheran geboren, nach christlicher Zeitrechnung am 10. 12. 1981, hat der Iraner den obligaten zweijährigen Wehrdienst nicht geleistet, woraufhin ihm der für Auslandsbesuche notwendige Ausweis verweigert wurde.
Also schrieb er 2010 „Weißes Kaninchen, rotes Kaninchen“und schickte den Text stellvertretend für sich in die Welt. Das Experiment glückte, weckte internationales Bühnen- wie Übersetzerinteresse und zog am Samstag beim Grazer Schauspielhausfest mit den nur vage informierten Publikumslieblingen Maria Bill und Peter Simonischek neugierig ins Haus Drei.
Der Clou des Experiments ist die Geheimsache. Durften die Stars doch erst bei ihrem Bühnenauftritt das Kuvert mit dem Text öffnen und die Geschichte spontan als szenische Lesung mit Zuschauerbeteiligung arrangieren. Tierischen Witz entfaltete Bill als Hoppelhase und Strauß in der politischen Fabel, die Leben und Ängste im Iran in eine Zirkuswelt verlagert, bei Giftgemisch Befehlsgehorsam auf den Prüfstand stellt und einiges zum Nachdenken aufgibt. Die Grande Dame stiftet die Gage für diesen Auftritt übrigens der steirischen Caritasflüchtlingshilfe.
Termine:. 28. 10., 14., 25. 11., 20.30 Uhr, Haus Drei, Schauspielhaus Graz. Karten: Tel. (0316) 8000
„Privatsache!“Im Schauspielhaus, das alle Tore von den Büros bis zur Klotür geöffnet hatte, hieß es „Privatsache!“bei sechs famosen Kurzdramen. Gerhard Balluch und Nico Link vermittelten im Intendanzbüro mit Galgenhumor die unkollegialen Auswirkungen des ungarischen Diktats bei Staatsbühnen in „Qualität. Zuverlässigkeit“von Csaba Székely. Lesbische Intimsphäre und öffentliches Interesse bei Prominenten skizzierten Sarah Sophia Meyer und Mercy Dorcas Otieno in der Konfliktszene „Privat“(Sarah Gubbins), während Susanne Konstanze Weber und Silvana Veit sich im Mutter-tochter-streit ereiferten ob der moralischen Fragwürdigkeit, Flüchtlinge medial als „süß und knackig“, als „@Hotmigrants“(Paco Bezerra) auszustellen.
Lieferte Rachida Lamrabets „Projekt Entburkanisierung“mit Maximiliane Haß Diskussionsstoff, entließen einen Ninja Reichert und Pascal Goffin bei „Taschen ausleeren“von David Greig frustriert, weil trotz gläserner Welt dem Publikum das letzte Geheimnis vorenthalten wurde. Hübsch ironisch auch „Leitgeb“von Clemens J. Setz, wenn Clemens Maria Riegler ein T-shirt-geschäft aus privaten Daten eines dementen Mannes macht. Schade, dass die spannenden Happen nicht öfter serviert werden!