Wenn die launische Diva Zicken macht
Donnerstagvormittag im Fahrerlager von Suzuka: In Technikbüro von Mercedes herrscht Hochbetrieb. Den ganzen Morgen über haben sich die Silberpfeil-ingenieure in ihrem Office vergraben. Neben der üblichen Vorbereitung für den Japan-gp geht es immer noch darum, das Rennen von Malaysia zu analysieren. Mercedes sucht verzweifelt Antworten auf die Frage, warum das Auto auf einer Strecke Zicken machte, die eigentlich den Silberpfeilen liegen sollte, warum man auf einmal weniger Speed hatte als Ferrari und selbst als Red Bull.
Schon in Sepang, direkt nach dem Malaysia-gp, war endgültig klar: Mercedes hat ein Problem. Um das zu erkennen, reichte schon ein Blick in die Gesichter bei den Silbernen. Und die blanke Tatsache, dass das technische Debriefing nach dem Rennen mehr als zwei Stunden dauerte, sprach ebenfalls Bände. Eines wusste man beim Weltmeisterteam der letzten drei Jahre ganz genau: Auch wenn Lewis Hamilton mit seinem zweiten Platz hinter Max Verstappen im Red Bull seine Wm-führung auf Sebastian Vettel auf 34 Punkte ausbaute: Vom eigenen Anspruch, mit dem man nach Malaysia gekommen war, war man meilenweit entfernt. „Wir haben – wie schon zuletzt in Singapur – nur von den Problemen von Ferrari profitiert. Und das ist nicht das, was mich zufriedenstellen kann“, sagte Mercedes-motorsportchef Toto Wolff.
Nach dem unglücklichen Startcrash in Singapur waren es in Malaysia die Technikprobleme an beiden Ferrari-autos, dank denen Mercedes noch einmal seine Haut retten konnte. „Ferrari und Red Bull waren hier schlichtweg schneller als wir“, musste Wolff eingestehen. „Wenn es hier und in Singapur auch nur einigermaßen normal gelaufen wäre, dann hätten wir unseren Vorsprung in der WM auf Ferrari nicht ausgebaut, sondern lägen jetzt deutlich hinten.“
Eine Antwort auf die Frage, woran es liegt, hat man bisher noch nicht gefunden. Das neue Aerodynamik-paket haben die Ingenieure offenbar nicht im Verdacht. Auch wenn in Malaysia Valtteri Bottas, der das ganze Wochenende bei der neuen Konfiguration blieb, noch deutlich mehr Probleme hatte als Lewis Hamilton, der ab Samstag auf die alte Version zurückwechselte. Man sieht da offenbar das Problem eher bei dem Finnen, bei seinem Fahrstil, den er im Moment nicht so richtig an die Anforderungen des Autos anpassen könne, und vertraut den Daten, die behaup- Auf dem Prüfstand: der 2017ersilberpfeil
Mercedes ist auch in Suzuka noch immer auf der Suche nach den Gründen und Erklärungen, warum man hinsichtlich Speed der Konkurrenz zuletzt hinterherfuhr.
ten, dass das neue Paket besser sei. Der Windkanal sagt, dass der veränderte Frontflügel, die modifizierten Leitbleche und der neue Unterboden mindestens ein Zehntel bringen. Beide Fahrer werden jedenfalls am Freitag mit der neuen Variante ins erste Training gehen.
Das Wetter scheint auch nicht helfen zu wollen. Die Vorhersage spricht von Regen am Freitag, einem trockenen, aber kühlen Qualifying und Sonne und einem deutlichen Temperaturanstieg am Sonntag. Was heißt: „Wenn wir wieder Probleme haben sollten, werden wir sie vielleicht erst am Samstag erkennen. Und das Auto für Sonntag für völlig andere Bedingungen abstimmen müssen“, befürchten die Ingenieure. Auch nicht gut: Suzuka hat einen alten, rauen Asphalt mit viel Grip. Der Mercedes ist aber besser, je weniger Haftung von der Strecke kommt. Eine „launische Diva“nennt Toto Wolff das 2017er-auto ja schon seit Langem, unberechenbar, anfällig für geringste Veränderungen in Sachen Temperatur und Streckencharakteristik – sodass man manchmal selbst nicht so genau weiß, warum sie einmal funktioniert und einmal nicht.