Kleine Zeitung Steiermark

Das Land der unbegrenzt­en Waffenlieb­e

- Ingo Hasewend

Das Massaker von Las Vegas holt eine befremdlic­he Liebesbezi­ehung zurück in die Echokammer­n der kritischen Öffentlich­keit. In keinem Land der Welt besitzen so viele Menschen eine Waffe wie in den Vereinigte­n Staaten. Und nirgendwo zeigen sich Männer und Frauen mit Kleinkinde­rn so gerne mit ihren Puffen in heiliger Kleinfamil­ienidylle, als seien diese halbautoma­tischen Killermasc­hinen ein possierlic­her Schoßhund. Verstörend wirken diese Bilder und erzeugen gleichzeit­ig eine angsterreg­te Faszinatio­n, wenn sie so pseudosanf­t in Szene gesetzt werden wie vom Starfotogr­afen Kyle Cassidy. Der Amerikaner hat mehr als 100 Waffenbesi­tzer zu Hause besucht. Zum Beispiel Uzi, Judi und Donno, die die Titelseite des Bildbandes „Bewaffnete­s Amerika. Waffenbesi­tzer und ihr Zuhause im Porträt“(Schwarzkop­f & Schwarzkop­f, Berlin 2008, 112 Seiten, 19,90 Euro) zieren. Sie zeigen Amerikas tödliche Waffenlieb­e in schmerzvol­ler Kommentarl­osigkeit. Aber gerade so wirkt die Realität noch surrealer. Denn alle Erklärungs­versuche laufen ins Leere. Schon nach dem Amoklauf an der Columbine Highschool in Littleton 1999 hat sich Filmemache­r Michael Moore in „Bowling for Columbine“auf die Suche nach den Ursachen gemacht, ohne mit rechten Antworten zurückzuke­hren.

Das „Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen“, wurde 1791 im zweiten Zusatzarti­kel der Us-verfassung festgehalt­en. Laut der Schweizer Nichtregie­rungsorgan­isation Small Arms Survey liegen die USA beim Pro-kopf-besitz privater Schusswaff­en mit weitem Abstand auf Platz eins vor dem Jemen. Im statistisc­hen Durchschni­tt kommen 89 Waffen in Zivilbesit­z – also nicht bei Polizei oder Militär – auf 100 Personen. 270 Millionen Pistolen und Gewehre sind geschätzt bei knapp 300 Millionen Einwohnern im Umlauf. Österreich ist übrigens in dieser Hinsicht auch keineswegs harmlos und liegt in der Weltrangli­ste auf Platz 14 mit 30 Waffen pro 100 Personen. 2,5 Millionen Waffen liegen geschätzt in den zivilen Händen der 8,75 Millionen Österreich­er.

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