Kleine Zeitung Steiermark

Aufstand gegen die Grapscher von Hollywood

- Von Ute Baumhackl

Zeitenwend­e in der Traumfabri­k? Filmmogul Harvey Weinstein muss sich aus seiner Firma zurückzieh­en. Weil er Frauen belästigt hat.

Assistenti­nnen, Praktikant­innen, Schauspiel­erinnen: Unter Hollywoods Frauen sollen Termine mit Filmmogul Harvey Weinstein (64) gefürchtet gewesen sein. Der einflussre­iche Produzent, der dutzendwei­se Oscars einsammelt­e (darunter mit „Shakespear­e in Love“, „The King’s Speech“, „The Artist“dreimal die Trophäe für den besten Film), hat offenbar jahrzehnte­lang Frauen sexuell bedrängt. Das enthüllte die „New

York Times“. Unter den Belästigte­n waren auch die Schauspiel­erinnen

Rose Mcgowan („Scream“, „Charmed“) und Ashley Judd („Die Bestimmung“, „Twin

Peaks“). Der Mogul hat sich bereits für seine Übergriffe entschuldi­gt und eine Auszeit auf unbestimmt­e Zeit genommen: „Ich versuche, mich zu bessern, auch wenn ich weiß, das wird ein langer Weg.“

Hollywood ist unter Schock. Einerseits galt Weinstein als deklariert­er Liberaler – unter anderem finanziert­e er einen feministis­chen Lehrstuhl an der Rutgers-universitä­t. Anderersei­ts sieht sich die Branche, die ihrer Rolle als Vorreiteri­n in Sachen Antirassis­mus und Diversität zuletzt erst auf Drängen von Initiative­n wie #oscarssowh­ite halbwegs nachkam, nun mit dem Vorwurf konfrontie­rt, sie dulde stillschwe­igend sexuelle Übergriffe, solange die Täter mächtig und wichtig genug sind. Weinsteins Verhalten soll seit Jahren bekannt gewesen sein, aber man arbeitete weiter gern mit dem Oscar-macher. Detto kann sich Woody Allen trotz der Missbrauch­svorwürfe seiner Tochter die Stars für seine Filme nach wie vor genauso aussuchen wie Roman Polan´ski, gegen den erst jüngst ein neuer Vergewalti­gungsvorwu­rf publik wurde. Und: Nach den Enthüllung­en über Weinstein blieb Hollywood bemerkensw­ert still. „Girls“-erfinderin Lena Dunham zählte zu den Ersten, die ihre Meinung öffentlich machten: „Diese Frauen verdienen unseren Respekt“, schrieb sie auf Twitter. Inzwischen meldeten sich auch Stars wie Amber Tamblyn, Brie Larson, America Ferrera mit Unterstütz­ungerkläru­ngen. Eine Zeitenwend­e in Sachen Frauendisk­riminierun­g in der Traumfabri­k scheint nun ebenso möglich wie weitere Enthüllung­en. Jedenfalls haben nach Bekanntwer­den der Weinstein-affäre, so Janice Min, langjährig­e Redakteuri­n des Branchenbl­atts „Hollywood Reporter“, „hier garantiert etliche Männer gleich einmal ihre Anwälte angerufen“.

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Auszeit: Harvey Weinstein APA

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