Von der „Keplerin“und ihrem Sohn
Die Neue Hofkapelle Graz erweitert mit Schauspielern, Folkmusikern, Artisten oder zuletzt bei der styriarte sogar mit Pferden als Partner ständig ihren Horizont. Zum Saisonstart wagte sich das Ensemble um Geigerin Lucia Froihofer – wie schon bei einer Uraufführung von Helmut Jasbar im Mai in Wien – wieder einmal auf neues Terrain. Wobei dieser Boden in Jasbars „Ewigkeit für Anfänger“diesmal quasi der Himmel ist, geht es darin doch um den Astronomen Johannes Kepler und dessen Mutter Katharina.
Wie dem Kosmos abgelauscht waren denn auch die Auftaktklänge der Uraufführung im Grazer Minoritensaal. Der Wiener Komponist erstell- te mit Bußpsalm, Hohelied oder Paulusbrief eine Art Oratorium in elf Teilen, in dem er Alte Musik mit harmonischen, rhythmischen, sprachlichen Brechungen ins Jetzt heraufhallen lässt. Auch wenn Jasbar sich stilistisch bewusst nicht eingrenzen will, dem Brückenbau ins Heute hätten ein paar leitmotivische Stützpfeiler gutgetan.
Spannend zu hören, wie zeitgenössisch die konzentrierte Hofkapelle ihr Barockinstrumentarium führte. Ursula Langmayr (Sopran) und Johannes Chum (Tenor) glänzten in hürdenreichen Gebetsgesängen. Hut ab vor den Grazer Keplerspatzen, die diffizile Choralbrocken stemmten! Ihr Leiter Ulrich Höhs führte am Pult so ru- Hinreißend: Hanna Schygulla als „die Alte, die ihren Mund nicht halten konnte“
hig wie souverän durch das fast zweistündige Werk, das ein Star adelte: Hanna Schygulla monologisierte eindrucksvoll als „die Alte, die ihren Mund nicht halten konnte“– nämlich als Katharina Kepler, die als vermeintliche Hexe fast verbrannt worden wäre und aus dem Jenseits ihr und ihres Sohnes Schicksal Revue passieren lässt.