Polizistenmord: Lebenslang für deutschen „Reichsbürger“
Wolfgang P. schoss elf Mal auf Polizisten, einer wurde getötet. Der Fall gilt als Wendepunkt im Umgang mit den deutschen Staatsfeinden.
Das Landgericht Nürnberg-fürth hat den zur deutschen Reichsbürgerszene zählenden Wolfgang P. wegen Mordes an einem Polizisten zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Angeklagte betrat gestern den Gerichtssaal mit einem Lächeln, das Urteil nahm er regungslos zur Kenntnis.
Der Mann hatte bei einer Waffenrazzia im Oktober 2016 den 32-jährigen Polizisten Daniel E. erschossen und zwei weitere Beamte verletzt. Bei dem Einsatz sollten die rund 30 Waffen des Mannes beschlagnahmt werden, weil er bei den Behörden als nicht mehr zuverlässig galt. Wolfgang P. habe auch tausend Liter Diesel und Lebensmittel gehortet – für etwaige Notlagen.
Seit dem tödlichen Polizeieinsatz vor etwa einem Jahr gab es deutschlandweit zahlreiche Razzien gegen die Anhänger der Szene. Die sogenannten Reichsbürger erkennen den Staat nicht an. Steuern, Sozialabgaben oder Strafen zahlen wollen sie nicht. Reichsbürger bilden keine einheitliche Bewegung, im Gegenteil: Manche von ihnen sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleireichlich nen Reiches, mit eigenen Ausweisen und Nummernschildern. Andere wieder behaupten, das Deutsche Reich (1871– 1945) bestehe bis heute fort.
Der deutsche Verfassungsschutz geht derzeit von etwa 15.000 Reichsbürgern in Deutschland, darunter etwa 900 Rechtsextremisten, aus. Im März des Jahres hatten die Verfassungsschützer noch von 12.800 Reichsbürgern gesprochen. Bei einigen von ihnen stellen die Behörden eine „erhebliche Gewaltbereitschaft“fest, etwa tausend Personen in diesem Dunstkreis verfügen über einen Waffenschein. In Österreich geht man von etwa 1000 Reichsbürgern aus.