Puigdemont ist jetzt ein Fall für Belgiens Justiz
Der von Spanien wegen Rebellion gesuchte katalanische Ex-ministerpräsident stellte sich in Brüssel.
Sie stellten sich am Sonntagmorgen um 9.07 Uhr in der zentralen Brüsseler Polizeiwache in der Rue Royale: Carles Puigdemont, der mit Europäischem Haftbefehl wegen Rebellion gesuchte frühere katalanische Ministerpräsident, und seine mit ihm aus Spanien geflüchteten Ex-minister Antoni Comín, Clara Ponsatí, Lluís Puig und Meritxell Serret. Begleitet von ihren Anwälten, erwartet von Vertretern der belgischen Staatsanwaltschaft, mit denen am Samstag diese freiwillige Übergabe vereinbart worden war.
„Sie wurden nach ihrer Ankunft über den internationalen Haftbefehl informiert“, berichtete der Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft. Dann seien die Festgenommenen, die von Spaniens Justiz beschuldigt werden, auf illegale Weise die Unabhängigkeit Kataloniens vorangetrieben zu haben, in einem Polizeibus zum Sitz der Staatsanwaltschaft transportiert worden. Auf das Anlegen von Handschellen wurde verzichtet.
Nun muss ein Untersuchungsrichter die Festgenommenen anhören, sagte der Sprecher. Der Richter werde auch die formelle Rechtmäßigkeit der von Spaniens Nationalem Gerichtshof ausgestellten Haftbefehle prüfen und entscheiden, ob die fünf in Haft bleiben oder unter Auflagen bis zu einer Entscheidung über die Auslieferung freikommen. Kommt der Untersuchungsrichter zu dem Schluss, dass die Haftbefehle rechtens sind, schickt er den Fall an eine Gerichtskammer, die dann über die Auslieferung entscheidet.
Er wolle mit der Justiz zusammenarbeiten, hatte Puigdemont angekündigt, „aber mit der belgischen, nicht mit der spanischen“, da er in Spanien keine Gerechtigkeit erwarte. Eine Auslieferung an Spanien will er nicht akzeptieren. Sein Anwalt Paul Bekaert machte bereits deutlich, wie die Verteidigungsstrategie aussieht: Er werde einen Auslieferungsbeschluss der belgischen Justiz „auf jeden Fall“anfechten.
Bekaert will die Auslieferung mit jenen Behauptungen bremsen, mit denen auch Puigdemont den spanischen Staat attackiert: Die Beschuldigten könnten in Spanien keinen fairen Prozess erwarten, weil Richter und Staatsanwälte nicht unabhängig, sondern der Regierung zu Diensten seien. Die katalanischen Separatisten würden aus politischen Gründen verfolgt.
Am Freitagabend hatte die spanische Ermittlungsrichterin Carmen Lamela die fünf internationalen Haftbefehle ausgestellt und auf elektronischem Wege von Madrid nach Brüssel geschickt. Lamela wirft Puigdemont und seinen früheren Regierungsmitgliedern vor, in den letzten zwei Jahren auf illegale Weise die Unabhängigkeit der spanischen Region Katalonien vorangetrieben zu haben. Dabei sei bewusst gegen die spanische Verfassung und auch gegen zahlreiche Gerichtsverbote verstoßen worden. Zugleich sei die katalanische Bevölkerung aufgestachelt worden, den rechtswidrigen Abspaltungsprozess zu verteidigen und sich, etwa beim illegalen Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober, richterlichen und polizeilichen Anordnungen zu widersetzen.
wirft Puigdemont und seinen ehemaligen Kabinettsmitgliedern insgesamt fünf Delikte vor: Rebellion gegen den spanischen Staat, das Anzetteln einer Aufruhr, Rechtsbeugung, Ungehorsam und Veruntreuung von öffentlichen Geldern. Zudem könnte noch die widerrechtliche Aneignung von Ämtern hinzukommen.
Ralph Schulze, Madrid