„Wer schwach ist, hat das Recht, von den Stärkeren in der Gesellschaft unterstützt zu werden.“
Nach einer Wahl mit einer erfreulich hohen Wahlbeteiligung sind wir in der heißen Phase der Koalitionsgespräche. Gerade jetzt wünsche ich mir eine engagierte öffentliche Diskussion über ein Herzstück unseres politischen Systems: über den Sozialstaat. Ja, wir haben eines der besten Sozialsysteme der Welt und wir können darauf stolz sein. Wir brauchen aber auch den erklärten politischen Willen, dieses Sozialsystem zukunftsfit zu machen – es konstruktiv, ideenreich, wohlwollend weiterzuentwickeln.
Wir brauchen gute Strategien, um eine finanzielle Absicherung der Pflege nachhaltig zu verankern. Wir brauchen eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Arbeitsmarktes mit gestützten Beschäftigungsbereichen, die es auch Menschen mit Handicaps und Belastungen ermöglichen, dauerhaft Arbeit zu haben. Wir brauchen einen menschlichen Blick in der Diskussion um die Mindestsicherung und politische Fantasie, um dieser Menschlichkeit ein finanzielles und strukturelles Fundament zu geben.
Ziel muss sein, dass es eine einheitliche Mindestsicherung gibt auf einem tatsächlich existenzsichernden Niveau – für alle Betroffenen, unabhängig von ihrer Herkunft und von der Leistung, die sie in das Sozialsystem einbezahlt haben. Wir haben uns in Österreich darauf verständigt, dass niemand obdachlos sein oder auf der Straße leben soll, niemand frieren oder hungern soll, jede und jeder Zugang zum Gesundheitssystem hat und dass alle jungen Menschen eine Chance auf Bildung haben. Daran müssen wir ohne Wenn und Aber festhalten. ür die Caritas ist auf Grundlage des Evangeliums klar: Jeder Mensch hat Würde und Fähigkeiten, und wer schwach ist, hat das Recht, von den Stärkeren der Gesellschaft unterstützt zu werden. Jenseits der religiösen Begründung möchte ich ergänzen: Das uns selbstverständlich scheinende Maß an Wohlstand und friedlichem Miteinander ist gefährdet, wenn wir dauerhaft einen Teil der Gesellschaft in Armut und Ausgrenzung drängen. Eine Weiterentwicklung unseres Sozialstaates auf hohem Niveau hilft den Schwachen, weil wir Not lindern, und es hilft den Starken, weil wir den sozialen Frieden sichern.
ist Direktor der Caritas Steiermark
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