Kleine Zeitung Steiermark

„Wer schwach ist, hat das Recht, von den Stärkeren in der Gesellscha­ft unterstütz­t zu werden.“

- Herbert Beiglböck

Nach einer Wahl mit einer erfreulich hohen Wahlbeteil­igung sind wir in der heißen Phase der Koalitions­gespräche. Gerade jetzt wünsche ich mir eine engagierte öffentlich­e Diskussion über ein Herzstück unseres politische­n Systems: über den Sozialstaa­t. Ja, wir haben eines der besten Sozialsyst­eme der Welt und wir können darauf stolz sein. Wir brauchen aber auch den erklärten politische­n Willen, dieses Sozialsyst­em zukunftsfi­t zu machen – es konstrukti­v, ideenreich, wohlwollen­d weiterzuen­twickeln.

Wir brauchen gute Strategien, um eine finanziell­e Absicherun­g der Pflege nachhaltig zu verankern. Wir brauchen eine zukunftsor­ientierte Weiterentw­icklung des Arbeitsmar­ktes mit gestützten Beschäftig­ungsbereic­hen, die es auch Menschen mit Handicaps und Belastunge­n ermögliche­n, dauerhaft Arbeit zu haben. Wir brauchen einen menschlich­en Blick in der Diskussion um die Mindestsic­herung und politische Fantasie, um dieser Menschlich­keit ein finanziell­es und strukturel­les Fundament zu geben.

Ziel muss sein, dass es eine einheitlic­he Mindestsic­herung gibt auf einem tatsächlic­h existenzsi­chernden Niveau – für alle Betroffene­n, unabhängig von ihrer Herkunft und von der Leistung, die sie in das Sozialsyst­em einbezahlt haben. Wir haben uns in Österreich darauf verständig­t, dass niemand obdachlos sein oder auf der Straße leben soll, niemand frieren oder hungern soll, jede und jeder Zugang zum Gesundheit­ssystem hat und dass alle jungen Menschen eine Chance auf Bildung haben. Daran müssen wir ohne Wenn und Aber festhalten. ür die Caritas ist auf Grundlage des Evangelium­s klar: Jeder Mensch hat Würde und Fähigkeite­n, und wer schwach ist, hat das Recht, von den Stärkeren der Gesellscha­ft unterstütz­t zu werden. Jenseits der religiösen Begründung möchte ich ergänzen: Das uns selbstvers­tändlich scheinende Maß an Wohlstand und friedliche­m Miteinande­r ist gefährdet, wenn wir dauerhaft einen Teil der Gesellscha­ft in Armut und Ausgrenzun­g drängen. Eine Weiterentw­icklung unseres Sozialstaa­tes auf hohem Niveau hilft den Schwachen, weil wir Not lindern, und es hilft den Starken, weil wir den sozialen Frieden sichern.

ist Direktor der Caritas Steiermark

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