Wagners Ring wird in Wien umgeschmiedet
Aus 15 Stunden werden neuneinhalb, und auch sonst ist nichts wie gewohnt.
Es gibt in der Musikgeschichte nichts Vergleichbares zu Richard Wagners Ring-tetralogie – vier Abende, 15 Stunden Musik. Die gigantischen Dimensionen des Meisterwerks haben immer wieder Bearbeitungen provoziert, Kürzungen und Versuche, den orchestralen Aufwand einzudämmen.
Was Tatjana Gürbaca mit ihrer Dramaturgin Bettina Auer und dem Dirigenten Constantin Trinks im Theater an der Wien vorbereitet, geht weit darüber hinaus. Sie zerlegten das Werk in seine Bestandteile und setzten es neu zu drei Opernabenden zusammen: „Hagen“, „Siegfried“und „Brünnhilde“. Den drei Protagonisten ist gemeinsam, dass sie nicht um ihrer selbst in die Welt gesetzt wurden, sondern vom Vater beziehungsweise Großvater für deren Zwecke instrumentalisiert werden. Um diesen Aspekt kreist die Interpretation der Regisseurin, die 2000 in Graz den Ringaward gewonnen hat. Inten- dant Roland Geyer, der die Neufassung 2013 in Auftrag gab, nennt das Ergebnis „genial, fantastisch“.
Trinks, der den Ring in Darmstadt bereits dirigiert hat, greift auf die abgespeckte Coburger Fassung von Alfons Abbass zurück, die mit 62 Musikern auskommt. Die Streicherpartien sind unverändert, doch sitzen nur halb so viele Bläser im Graben. Wie Abbass unverzichtbare Linien auf andere Instrumente verteilt, beeindruckt Trinks und trug dazu bei, dessen Skepsis zu überwinden. Für Wien hat der Schott-verlag erstmals eine Partitur aus den Orchesterstimmen angefertigt.
Gübaca lässt Wagners Rückblenden weg und erzählt die Geschichte quasi chronologisch. Nebenfiguren wie Fricka, Donner, Froh, Freia, die Nornen oder die Walküren bis auf Brünnhilde und Waltraute fehlen ganz. Ob der Gewinn den Verlust von einem Drittel des Werks aufwiegt, wird sich zeigen.