Schoßgebete und Stoßgebete
Über die Verfilmung eines Skandalromans von Charlotte Roche.
Sex sells, Sex verkauft sich. Auch in Zeiten von Youporn & Co., wo alles, was wir schon immer wissen wollten (oder auch nicht), auf Mausklick verfügbar ist. Der alte Spruch, dass man über Sex nicht spricht, sondern ihn schlicht hat, ist längst obsolet. Der Umkehrschluss ist wenig erfreulich. Die akute verbale Übersexualisierung kann nur bedeuten, dass sich in unseren Schlafzimmern herzlich wenig abspielt.
Wenn sich Sex und Skandal paaren, ist ein Supererfolg garantiert. In ihrem ersten Roman „Feuchtgebiete“hat uns Autorin Charlotte Roche Einblicke in ihre Intimlandschaften gewährt, die selbst gstandenen Sexlingen die Schamesröte ins Gesicht trieben. Der Nachfolger „Schoßgebete“war weniger schlüpfrig, aber nicht minder grenzwertig. Überzeugen Sie sich selbst davon, die Verfilmung ist heute (22.50 Uhr) auf Arte zu sehen. Krempelwarnung? Aber nein! Der Film ist ein eindrucksvoller und durchaus sehenswerter Beweis dafür, dass medial dargestellte Sexualität meist nur eines ist – urfad nämlich. Erst wenn der Zoom auf die brüchigen Seelenlandschaften der Menschen gerichtet wird, bekommt der Film eine tiefe Relevanz.
Ob Roche gerade an einem neuen Roman arbeitet? Wir schicken ein Stoßgebet in den Himmel, dass das nicht der Fall ist.