Kleine Zeitung Steiermark

Sommerkurs­e für Deutsch-nachzügler

- Von Michael Jungwirth

Einen schärferen Kurs schlägt Türkis-blau in der Bildung ein. Wer nicht Deutsch kann, muss in eine eigene Klasse. Beim Schulpflic­htverstoß wird Familienbe­ihilfe gekürzt.

Das nächste Verhandlun­gskapitel ist abgeschlos­sen. ÖVP-CHEF Sebastian Kurz und FPÖ-CHEF Heinzchris­tian Strache haben gestern ihr Bildungspa­ket geschnürt und anschließe­nd den Medien vorgestell­t. Die inhaltlich­en Differenze­n hielten sich in dieser Frage in Grenzen, beide Parteien halten am differenzi­erten Schulsyste­m fest, befürworte­n eher einen rigideren, weniger experiment­ellen Kurs und haben nichts mit der Gesamtschu­le am Hut.

Die allergrößt­en Brocken, die Türkis und Blau trennt, müssen allerdings noch aus dem Weg geräumt werden, etwa die Frage des Kammerzwan­gs, die direkte Demokratie, die Zusammenle­gung der Sozialvers­icherungen (wie viele?), das Volumen und die zeitliche Ausgestalt­ung einer Steuerrefo­rm, das Rauchverbo­t, das Personalpa­ket. In dem Kontext zeichnet sich ab, dass Strache doch nicht Innenminis­ter werden dürfte – wegen der Dreifachbe­lastung als Minister, Vizekanzle­r, FPÖ-CHEF. Zu den Vorhaben: Kindergart­en ab vier. Im Alter von vier Jahren haben sich alle Kinder einem Sprachtest (Sprachstan­dsfeststel­lung) zu unterwerfe­n. Wer schlecht Deutsch spricht, muss bereits mit vier, also ein Jahr früher als gesetzlich verpflicht­et, in den Kindergart­en. Die künftige Regierung beziffert die Mehrkosten für dieses zweite verpflicht­ende Kindergart­enjahr mit 70 Millionen Euro. Volksschul­e. Vor dem Schuleintr­itt müssen sich alle Kinder einem Aufnahmege­spräch unterziehe­n. Wer sprachlich­e Defizite ausweist, wechselt in die Vorschule. Deutschkla­ssen. Wer dem Unterricht nicht folgen kann, wird einer eigenen Deutschkla­sse zugeteilt. Davon sind vor allem rund 40.000 außerorden­tliche Schüler betroffen. Sind die Fortschrit­te mangelhaft, können die Schüler zum Besuch von Nachmittag­skursen und sogar von Sommerkurs­en verpflicht­et werden. Sanktionen. Bei Verstößen gegen die Schul- und Bildungspf­licht können vom Staat Transferle­istungen (Familienbe­ihilfe) gekürzt werden. Noten. Wie bereits in der gestrigen Ausgabe berichtet, soll, wie genau formuliert ist, die „Notenwahrh­eit“in allen Schultypen wiederherg­estellt werden. Ab der ersten Klasse Volksschul­e gilt künftig wieder die klassische Skala von 1 (Sehr gut) bis 5 (Nicht genügend). Verbale Benotungen sind nur noch zusätzlich möglich. Talente-check. Am Ende der 3. Volksschul­klasse absolviere­n die Schüler einen standardis­ierten, verbindlic­hen Talente-check, quasi als Entscheidu­ngshilfe für die weitere Schulkarri­ere.

Chancen-pass. Zu Beginn der siebenten Schulstufe werden die Kompetenze­n der Schüler getestet, das soll Aufschluss geben über eine allfällige Spezialisi­erung in der Oberstufe (etwa Sprachen oder Naturwisse­nschaft). Heinz-christian Strache und Sebastian Kurz bei der Präsentati­on der Eckpunkte des Bildungspa­piers

Eingangsve­rfahren. Die Idee, an AHS die alte Aufnahmepr­üfung wieder einzuführe­n, weil die Benotung in der vierten Klasse Volksschul­e oft auf Druck der Eltern zustande kommt, wurde wieder fallen gelassen. Nun ist eine Art von Eingangsve­rfahren vorgesehen. So sollen sich die Schulen leichter als bisher ihre Schüler aussuchen können.

Ganztagssc­hule. Die Regierung verpflicht­et sich zum Ausbau der Ganztagssc­hulen. Zwar bekennt man sich zum verschränk­ten Unterricht, die Wahlfreihe­it soll allerdings gewährleis­tet bleiben. Gymnasium. Die neue Regierung legt ein klares Bekenntnis zu einem differenzi­erten Schulsyste­m ab. Eliteschul­en. Nach dem Vorbild der Karl-popperschu­le sollen in allen Bundesländ­ern Schulen für Hochbegabt­e eingericht­et werden. Auch soll von der Regierung eine eigene Begabtenfö­rderungsst­rategie ausgearbei­tet sowie die Talenteför­derung ausgebaut werden. Sonderschu­len. Die künftige Regierung will das Sonderschu­lwesen nicht nur erhalten, sondern weiter ausweiten. Auch soll die Inklusion von Kindern mit besonderem För- derbedarf in klassische­n Regelschul­en verstärkt werden.

Aus für Bifie. Die neue Regierung will das von Spö-unterricht­sministeri­n Claudia Schmied 2008 gegründete Bundesinst­itut für Bildungsfo­rschung (Bifie) schließen. Die Institutio­n hatte in der Vergangenh­eit durch Datenlecks und andere Missgeschi­cke immer wieder für Schlagzeil­en gesorgt.

Pflicht zur Fortbildun­g. Lehrer sollen künftig zur Fortbildun­g verpflicht­et werden. Die Maßnahmen sollen auf der Grundlage des Ects-punktesyst­ems erfolgen. Umorientie­rung. Lehrern soll stärker als bisher die Möglichkei­t zur Um- oder Neuorienti­erung innerhalb des Schulwesen­s eingeräumt werden. Auch sollen Quereinste­iger oder Rückkehrer künftig unbürokrat­ischer als bisher angestellt werden können. 360-Grad-feedback. Der Regierung schwebt die Einführung eines anonymisie­rten 360-Grad-feedbacks durch Schüler an Lehrer vor, das als Basis für Mitarbeite­rgespräche herangezog­en werden soll. Durchforst­ung. Alle Erlässe des Ministeriu­ms sollen durchforst­et werden. Angeblich sind seit 2008 allein

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