Sanglich bis rauschhaft
Oksana Lynivs zweiter Musikverein-abend, mit einer Rarität und einem Klassegeiger.
Bartók goes Hollywood“, fasste der Sitznachbar das Eingangsstück treffend zusammen, ohne zu wissen, dass die Orchestersuite eine überarbeitete Filmmusik ist. In Myroslav Skoryks „Huzulischem Tryptichon“(1965) findet die Folklore des Bergvolks in den ukrainischen Karpaten ein rhythmisch vertracktes Echo.
Nach dem raffinierten Mitbringsel aus ihrer Heimat servierte Oksana Lyniv im Stefaniensaal bereits den Höhepunkt des Abends, dem Emmanuel Tjeknavorian seinen Stempel aufdrückte. Der Wiener hatte hierzulande schon zwei Mal beim Festival St. Gallen mit dem weichen Bronzeton seiner Stradivari begeistert. Beim Musikverein-debüt imponierte er mit Brahms’ einzigem, großteils in Pörtschach geschriebenem Violinkonzert. Für die sangliche Kadenz des 1. Satzes fand der erst 22-Jährige ebenso Glanz, Farbigkeit und Tiefgang wie für die ungarischen Tanzmotive des Schlusssatzes.
Die akkurat gestaltende neue Chefdirigentin der Oper hatte ein zwar nicht wirklich stringentes Programm zusammengestellt, die Grazer Philharmoniker konnten dadurch aber reichlich Facetten zeigen. Auf das impressionistische, aufrauschende „La mer“von Claude Debussy (1918) folgte quasi ein weiterer Rausch: Maurice Ravels „La valse“(1919/20), vom Orchester herrlich durchtorkelt, klingt ja so grotesk bis chaotisch, als hätte der Schani Strauß anstelle eines Achterls Veltliner eine Flasche Absinth gekippt. Dirigentin Oksana Lyniv