Gewinner, Verlierer und noch viele offene Fragen
Regierungsprogramm wird auch in den nächsten Tagen für viel Gesprächsstoff sorgen
„Familienbonus plus“, der Familien mit 1500 Euro pro Kind und Jahr entlasten soll. Doch hier steckt der Teufel im Detail. Denn der Bonus soll als Absetzbetrag, der die Steuerschuld verringert, wirken – und nicht als Freibetrag zur Reduzierung der Steuerbemessungsgrundlage. Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten werden damit ersetzt. Da der Bonus, wie es im Programm heißt, nicht „negativsteuerfähig“ist, könnten Niedrigverdiener, die keine Lohnübernachtungen
oder Einkommenssteuer entrichten (immerhin jeder dritte Arbeitnehmer im Land), nicht oder kaum davon profitieren, so die rasche Kritik. Davon wären viele Alleinerzieher betroffen.
Vonseiten der ÖVP wird betont, dass sehr wohl auch die Steuerlast von geringen Einkommen reduziert werde. Nach den bisher vorliegenden Angaben im Regierungsprogramm wirft das Thema aber Fragen auf. Liegt die Steuerschuld unter 1500 Euro, kann der Bonus nicht in
ganzer Höhe ausgeschöpft werden, weil er eben nicht negativsteuerfähig ist. Geringverdienern würde der Bonus demnach weniger bringen. Offen ist auch die Frage, inwieweit der Bonus zwischen den Elternteilen teilbar ist.
Bei der Unternehmensbesteuerung wird, wie berichtet, eine Senkung der Körperschaftssteuer (derzeit 25 Prozent) als Ziel genannt, Ausmaß und Zeitplan werden aber ausgespart. Sehr konkret ist indes der Plan, die Umsatzsteuer auf wieder von 13 auf zehn Prozent zu reduzieren. Zur Freude der Touristiker, die sich zu den größten Profiteuren des Regierungsprogramms zählen, weil auch die vorgeschriebenen Ruhezeiten für Mitarbeiter von elf auf acht Stunden verkürzt werden. Zum Ärger der Gewerkschaft. ÖGB-CHEF Erich Foglar sieht insgesamt vor allem „Industrie-wünsche“erfüllt. Ähnlich fällt die Kritik von Arbeiterkammer-präsident Rudolf Kaske aus, der neuerlich Nachteile für Arbeitnehmer durch die flexibleren Arbeitszeiten fürchtet.
Die Wirtschafts-, Finanz- und Steuerkapitel im Regierungsprogramm fallen zwar vergleichsweise üppig aus, lassen bei entscheidenden Passagen aber noch viele Details vermissen. Das sorgt auch für Kritik.
Doch auch von Wirtschaftsvertretern und Ökonomen gibt es längst nicht nur Applaus. Bemerkenswert kritisch fällt beispielsweise der Befund von Andreas Wimmer, Chef der Jungen Industrie aus. „Bisher hat man das Gefühl, dass die wirklich großen Brocken ausgelassen wurden.“Er hoffe, dass es nicht Teil eines neuen Stils ist, „heikle Themen einfach auszuklammern“. Auch die wirtschaftsliberale Denkfabrik „Agenda Austria“attestiert dem Regierungsprogramm, etwa im Bereich Steuern und Finanzen, „vage bis mutlos“zu sein. „Es dominieren die Überschriften“, so die Kritik. „Geradezu ernüchternd“sei das Kapitel Pensionen ausgefallen. Andreas Wimmer