Kleine Zeitung Steiermark

„Das türkis-blaue Kabinett fürchtet offensicht­lich nichts mehr, als eine Politik der ,sozialen Kälte‘ zu betreiben.“

- Franz Schellhorn

Wer sich von ÖVP und FPÖ eine große Veränderun­g oder gar eine Generalsan­ierung des Hauses Österreich erwartet hat, bleibt nach Lektüre des am Samstag vorgelegte­n Arbeitspro­gramms bitter enttäuscht zurück.

Das türkis-blaue Kabinett fürchtet offensicht­lich nichts mehr als den Vorwurf, eine Politik der „sozialen Kälte“zu betreiben. Etwas, was ihr nur mit jeder Menge Phantasie vorzuwerfe­n ist. Einzig die Obergrenze für die Mindestsic­herung geht in diese Richtung. Geradezu ernüchtern­d ist das Kapitel Pensionen. Im staatliche­n Pensionssy­stem klafft eine Finanzieru­ngslücke von 21 Milliarden Euro im Jahr, das ist ein Viertel des Bundeshaus­halts. Eine Sanierung des staatliche­n Pensionssy­stems ist weit und breit nicht zu sehen, das ist vor allem für die jüngeren Generation­en eine schlechte Nachricht. Die allseits geforderte Pensionsau­tomatik ist nicht vorgesehen, das gesetzlich­e Pensionsal­ter bleibt trotz rasant steigender Lebenserwa­rtung unveränder­t. Vergleichs­weise harmlos sind die Vorhaben in puncto Steuern und Finanzen. Hier dominieren die Überschrif­ten, im Detail bleibt die neue Regierung vage bis mutlos. Ja, die Steuern und Abgaben sollen gesenkt werden; das Wie bleibt aber völlig offen.

Ermutigend sind hingegen die Vorhaben in Sachen Bildung. Mit der völligen Neugestalt­ung des Lehrerdien­strechts (inklusive leistungso­rientierte­r Entlohnung), einer Durchforst­ung der Lehrpläne, einer größeren Schulauton­omie und einer Evaluierun­g der Pädagogena­usbildung sieht es im Bereich Bildung am ehesten nach dem aus, was vom künftigen Kanzler im Wahlkampf versproche­n wurde: Zeit für Neues. Auch dass ein Arbeitsmar­ktprogramm wie die Aktion 20.000 deutlich verkleiner­t wird, ist richtig.

Aus taktischen Gründen ist die Zurückhalt­ung der Regierung vielleicht zu verstehen. Dem Land mangelt es allerdings nicht an politische­r Taktik, sondern an einer umfassende­n Erneuerung aller öffentlich­en Bereiche. Die Regierung wird damit die Kritiker nicht beruhigen, aber jene enttäusche­n, die sich eine mutige Modernisie­rung des Landes gewünscht haben.

leitet die Agenda Austria

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