In der Holzklasse zu den Eu-spitzen
Kurz holt im September Macron, Merkel und andere Eu-chefs zum Gipfel nach Wien.
Einige Fluggäste schauten nicht schlecht, als Sebastian Kurz die Business-class durchquerte, in der Economyclass seinen Handkoffer im Gepäckfach selbst verstaute und sich dann in Reihe elf hineinzwängte, um am Fenstersitz Platz zu nehmen. Ein Bundeskanzler auf 11F in der Holzklasse – das hat Seltenheitswert. Gerade einmal 24 Stunden nach der Angelobung brach er zur ersten Auslandsreise auf, um der EU in Brüssel zu versichern, dass Österreich unter seiner Führung am proeuropäischen Kurs festhalten werde. Der Nationalrat muss warten, erst heute hält Kurz seine Regierungserklärung vor den Abgeordneten im Ausweichquartier des Parlaments in der Hofburg.
Gegen 20 Uhr traf Kurz Ratspräsident Donald Tusk, anschließend Kommissionspräsident Jean-claude Juncker, heute Vormittag folgt der Eu-parlamentspräsident. Die Eu-spitzenpolitiker sollten, so die Intention, aus erster Hand von den Plänen der Regierung erfahren. Das Europakapitel im Regierungsprogramm liegt ganz im EU- Mainstream, die FPÖ musste über ihren Schatten springen und ihre Träumereien von einer alternativen Europapolitik über Bord werfen.
Ebenso wollte der neue Kanzler erste Eckpunkte der bereits in sechs Monaten startenden Eu-präsidentschaft fixieren. Die Migration, der Kampf gegen den radikalen Islam sowie Maßnahmen gegen den Terror stehen ganz oben auf der Prioritätenliste. Nach Informationen der Kleinen Zeitung will Kurz am 20. September seine Eu-kollegen, allen voran Emmanuel Macron und Angela Merkel in Wien begrüßen. Thematisch soll der Herbstgipfel ganz im Zeichen der inneren Sicherheit stehen.
Seit mehr als 30 Jahren führt die erste Kanzlerreise nicht automatisch in die Schweiz – wie in der Hochblüte der Neutralität üblich. Franz Vranitzky fuhr nach Rom, Viktor Klima zum damaligen Eu-vorsitz in die Niederlande, Christian Kern flog nach Rom. Nur Werner Faymann entschied sich für Bern. Dem Vernehmen nach will Kurz im Jänner noch Merkel in Berlin aufsuchen.
Michael Jungwirth, Brüssel