Kleine Zeitung Steiermark

Immer noch Sturm in der Bucht von Piran

- Thomas Roser

Slowenien setzt im Grenzstrei­t mit Kroatien ab Samstag den Haager Schiedsspr­uch um.

Ausgerechn­et zum Jahresausk­lang wärmen Laibach und Zagreb ihren Dauergrenz­streit auf. Sloweniens Weg zur Durchsetzu­ng des von Kroatien abgelehnte­n Schiedsspr­uchs zum Verlauf der Seegrenze in der Bucht von Piran sei „der einzige richtige Weg,“hat Sloweniens Premier Miro Cerar dieser Tage die „Umsetzung“des im Sommer vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f (IGH) gefällten Schiedsspr­uchs für den morgigen Samstag ankündigt. Kroatien werde schützen, was „kroatisch“sei, lässt derweil sein Amtskolleg­e Andrej Plenkovic´ verlauten. Eine „einseitige Umsetzung irgendwelc­her Urteile“werde es „nicht geben“, denn dies könnte zu „Zwischenfä­llen führen“.

Seit ihrer Unabhängig­keit 1991 wogt zwischen den Exbruderst­aaten ein kaum nachvollzi­ehbarer Sturm im Seewasserg­las. Bisher queren Frachtschi­ffe, die Sloweniens einzigen Adria-hafen Koper ansteuern, problemlos kroatische und italienisc­he Gewässer. So bizarr im freien Eu-warenverke­hr Laibachs Beharren auf einem eigenen Korridor zu den internatio­nalen Gewässern wirkt, so unverständ­lich ist Kroatiens Kompromiss­losigkeit. Das Land hat 1777 Kilometer Küste.

Im Grenzkonfl­ikt hatte Laibach 2008 monatelang Kroatiens Eu-beitrittsv­erhandlung­en blockiert, ehe sich die Streithähn­e 2009 auf Druck Brüssels auf ein Schiedsver­fahren vor dem IGH verständig­ten. Ein abgehörtes Telefonat zwischen dem slowenisch­en Richter und Sloweniens Vertreteri­n vor dem Schiedsger­icht gab Zagreb 2015 den Vorwand, vorzeitig aus dem Schiedsver­fahren auszusteig­en. Wie erwartet schlug der im Sommer veröffentl­ichte Schiedsspr­uch den Großteil der Bucht den Nachbarn zu. Doch ausgesesse­n ist der Grenzstrei­t damit nicht: Kroatien hat das Urteil sofort für null und nichtig erklärt.

Laibach erwartet nun, dass die EU Kroatien zum Einlenken bewegt. Außenminis­ter Karl Erjavec drohte gar eine Klage vor dem Eu-gerichtsho­f an. Brüssel ist der Dauerzank lästig. Doch in Slowenien stehen 2018 Parlaments­wahlen an. Und Cerar und Plenkovic´ machen sinkende Popularitä­tswerte zu schaffen. Von beiden ist daher kaum ein Einlenken zu erwarten.

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