Delikate Doppelpass in Rom
Die Außenministerin kündigte in Rom die Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe an, die das Doppelpass-problem beleuchten soll
partei Fratelli d‘italia und warnt vor einer verkappten Sezession Südtirols. Berlusconis Forza Italia würde am liebsten den Botschafter einbestellen. Ja, nicht einmal in Bozen scheint man sonderlich erfreut zu sein. Zwar jubeln die dortigen Rechtsparteien und Teile der seit fünf Jahrzehnten herrschenden Südtiroler Volkspartei über das unverhoffte Weihnachtsgeschenk. Doch Landeshauptmann Arno Kompatscher hat Sorge, dass die doppelte Staatsbürgerschaft einen Keil zwischen seine Landsleute treiben und die Südtiroler Autonomie untergraben könnte.
Auch wenn Kneissl am Dienstag in Rom wie zuvor schon Kanzler Kurz zum wiederholten
Mal beteuert, dass die doppelte Staatsbürgerschaft nur „im Trilog zwischen Wien, Rom und Bozen“kommen werde, so ist ihre römische Mission doch klar umrissen. Der Job der von der FPÖ nominierten Außenministerin ist es, das Vorhaben den Italienern schmackhaft zu machen. Die Argumente, die sie zu diesem Zweck vorbringt, wirken freilich so, als ob die Ministerin selber nicht so recht überzeugt davon ist. „Das ist Teil des Regierungsprogramms“, sagt Kneissl und spricht von der dynamischen Fortentwicklung des Minderheitenschutzes, zu der Österreich als Schutzmacht Südtirols verpflichtet sei.
Was aber, wenn jene, um die
es hier geht, in den Avancen aus Wien gar keinen Fortschritt erkennen? Es ist nämlich eine Sache, Österreich vage für sein ideelles Vaterland zu halten. Eine andere Sache aber ist es, in einer der wohlhabendsten Regionen Europas, die aller Welt als geglücktes Beispiel für die friedliche Beilegung eines Grenzkonflikts dient, seinen Patriotismus plötzlich am Besitz eines mehr oder weniger symbolischen Stücks Papier messen lassen zu müssen.
Das weiß auch Kneissl. Nur hütet sie sich davor, es offen auszusprechen, noch dazu in Italien, zu dem die Beziehungen durch die Flüchtlingskrise und die jüngsten Querelen am Brenner ohnehin belastet sind.
Und so bemühen sich beim Treffen mit dem Amtskollegen Alfano am frühen Abend beide Minister um gute Stimmung. Von einer Zusammenarbeit zweier Länder, die wirklich Freunde sind, ist die Rede. Der Italiener zeigt sich erleichtert, dass Wien versprochen habe, keine Alleingänge zu machen. Und Kneissl kündigt die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe an. Und sollte es stimmen, was Vizekanzler Strache behauptet, und die Ministerin ist wirklich ein neuer Bruno Kreisky, wäre das jetzt die sichere Garantie dafür, dass die Lösung des haarigen Doppelpass-problems elegant auf den Sankt-nimmerleins-tag verschoben ist.