Kleine Zeitung Steiermark

Mit dem Benzinkani­ster ein Wahllokal gestürmt

- Von Alfred Lobnik

Verwirrter Pensionist (77) drohte, bei der Nationalra­tswahl ein Wahl– lokal anzuzünden. Er wird in eine Anstalt eingewiese­n – vorerst.

Fast 78 Jahre habe sein Mandant ein „hoch anständige­s Leben geführt“, sagt Verteidige­r Gunther Ledolter. „Er hat es einfach nicht verdient, seinen Lebensaben­d in einer Anstalt für abnorme Rechtsbrec­her zu verbringen.“Um nichts weniger ging es gestern in diesem Verfahren vor einem Grazer Schöffenge­richt.

Am 15. Oktober, als die Nationalra­tswahl lief, betrat der Pensionist in kurzer Hose und Ruderleibe­rl das Wahllokal in Hartberg-umgebung. In Händen hielt er Zeitungen, einen halb vollen, offenen Benzinkani­ster, Feuerzeug, Zündhölzer und ein Klappmesse­r. Die Worte „Ich zünd euch alles an!“sol- len gefallen sein. Er erinnert sich kaum: „Ich wollte über direkte Demokratie diskutiere­n.“Die Wahl wollte er nicht behindern: „Die war mir völlig uninteress­ant“, sagt der gebrechlic­h wirkende, schwerhöri­ge Mann.

Er wurde von Mitglieder­n der Wahlkommis­sion, der auch Exlandesra­t Erich Pöltl angehörte, hinausgedr­ängt, tobte, schlug um sich, trat. Als er wieder hineinwoll­te, wurde sein Arm mit dem aufgeklapp­ten Messer in der Tür eingeklemm­t. Einige Tropfen Benzin wurden verschütte­t. Eine Zeugin bricht bei der Erinnerung in Tränen aus. Der Pensionist leidet an zahlreiche­n Krankheite­n: Depression­en, Krebs, Herzleiden, beginnende Demenz, schwere Bandscheib­envorfälle, für die er schwerste Schmerzmit­tel bekommt. Tage vor dem Vorfall wurden seine Medikament­e neu eingestell­t.

Gutachter Peter Hofmann bestätigt, dass er die Tat „in akuter Verwirrthe­it“(Delir) beging und nicht zurechnung­sfähig, aber gefährlich war. Heute ist er „sehr gut eingestell­t“, unter strengen Auflagen könnte die Einweisung bedingt ausgesetzt, die Therapie also zu Hause fortgesetz­t werden.

Diesen Antrag stellt auch der Verteidige­r. „Und was wollen Sie?“, fragt Richterin Michaela Lapanje den alten Mann. „Nach Hause.“Vorerst wird er eingewiese­n. Wenn das Netzwerk steht, das die Therapie daheim gewährleis­tet und kontrollie­rt, dann darf er nach Hause.

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