Sekunden ganze Existenzen
Vor genau zehn Jahren fegte das Sturmtief „Paula“über die Steiermark. Vor allem im Bezirk Voitsberg waren die Schäden, die noch heute bemerkbar sind, enorm.
Die Land- und Forstwirte Johann Zwanzer und Werner Preßler, der auch Obmann der Bezirkskammer Voitsberg ist, waren gerade auf dem Heimweg von einem Ball in Edelschrott (Bezirk Voitsberg), als die ersten Ausläufer von Sturmtief „Paula“die Weststeiermark trafen. „Auf der Straße sind bereits Äste gelegen“, erinnert sich Preßler.
Zwanzers Tiere verhielten sich plötzlich völlig ungewohnt. Die Kühe brüllten, Berner Sennenhund Gina war ausgerissen. „Erst nach einiger Zeit habe ich sie hinter meinem Haus auf einer Wiese entdeckt, wo sie völ- lig erstarrt gesessen ist“, erzählt Zwanzer. Was danach folgte, übertraf die schlimmsten Befürchtungen. Forstwirte und Feuerwehrleute hatten bereits die ersten umgestürzten Bäume beseitigt, als binnen Sekunden auf ganzen Hängen die Bäume entwurzelt oder wie Streichhölzer geknickt wurden. „Baumstämme wurden durch die Luft geschleudert und sind uns regelrecht um die Ohren geflogen“, erzählt Preßler.
Steiermarkweit wurden rund fünf Millionen Bäume – das sind rund 14.000 Hektar Wald – der mehr als 4000 Besitzer zerstört. „Paula“fegte über ganze Landstriche hinweg und sorgte in den Bezirken Graz und Umgebung, Weiz, Murtal, Hartbergfürstenfeld und in der Murmürz-furche für Schäden.
Am härtesten hatte es den Bezirk Voitsberg erwischt, wo 1000 Waldbesitzer Schäden zu beklagen hatten und teils um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten mussten. Die kleinstrukturierten Besitzverhältnisse sorgten in der Aufarbeitung zusätzlich für Probleme. Um keine Einbußen beim Holzverkauf zu haben, begannen viele Landwirte sofort mit Aufarbeitung und Verkauf des Schadholzes, es entwickelte sich ein Konkurrenzkampf. Was zur nächsten Katastrophe führte: „Der Holzpreis ist binnen zehn Minuten von 94 auf 64 Euro eingebrochen“, schildert Zwanzer, der 133 Hektar Wald besaß, wovon rund 60 Hektar von Sturmtief „Paula“zerstört wurden. „16.500 Festmeter Holz waren bei mir betroffen, 7000 Festmeter davon musste ich als Hackgut verkaufen.“Der Landwirt lebte damals vom Holzertrag und hielt „25 Kühe als Hobby“.
Als Folge von „Paula“hat er die Forstwirtschaft aufgeben und auf Mutterkuhhaltung mit rund 100 Tieren im Stall umgesattelt. Weil das Aufforsten für ihn nicht finanzierbar gewesen wäre, überließ er einen Großteil der Schadflächen der Natur. Dort wachsen inzwischen Pionierpflanzen wie Birken sowie Hasel- und Holundersträucher. An anderen Stellen wurden Wälder mit besserer Baummischung aufgeforstet, vermehrt wurden Tannen gesetzt, die robust gegen Trockenheit sind.