Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Carmen Würschl,

geboren 1962 in Klagenfurt, ist Montessori­pädagogin und unterricht­et an der Körnerschu­le in Klagenfurt – mit zehn Klassen und rund 250 Schülern die größte Montessori­schule Österreich­s.

Jetzt sollen also separate Deutschkla­ssen in den Schulen eingericht­et werden, um Sprachdefi­zite der Kinder zu beheben. Wir werden in den Montessori­klassen der Körnerschu­le in Klagenfurt diesen Weg nicht gehen. Und ich denke, dass viele Pädagoginn­en und Pädagogen diesen auch nicht beschreite­n werden.

Kinder mit nichtdeuts­cher Mutterspra­che werden in unseren Regelklass­en problemlos integriert, weil wir den Unterricht als Förderung jedes einzelnen Kindes verstehen. Gesetzlich verankert sind Differenzi­erung, Individual­isierung, Integratio­n und Inklusion ohnehin im österreich­ischen Lehrplan. Umso bedauerlic­her ist es, diese Werte mit Füßen zu treten.

Kinder sollen künftig wegen ihrer Sprachkomp­etenz getrennt werden. Das Argument, dass die Kinder in den Gegenständ­en Bewegung und Sport, Bildnerisc­he Erziehung und Musikerzie­hung ohnehin integriert werden, ist ein Nährboden für die Außenseite­rrolle und eine mehr als scheinheil­ige Integratio­n. Sieht man das Kind als Individuum, dann bestimmt nicht in erster Linie die Sprache sein Potenzial. Von größter Bedeutung ist zunächst ein positives Anbahnen an das Neue, das Erleben freudiger Begegnunge­n, das Erwerben von Sozialkomp­etenzen.

In isolierten und abgesonder­ten Klassen ist eine Entwicklun­g zu einer inkludiert­en Gemeinscha­ft nicht möglich. Die lebensnahe Schule von heute muss auf das gesellscha­ftliche Leben von morgen vorbereite­n. Es ist sehr erfreulich, in welch kurzer Zeit Kinder bei individuel­ler Betreuung und Unterstütz­ung – vor allem auch durch die Mitschüler – eine neue Sprache erlernen.

Solch großartige pädagogisc­he Bilder sind in unseren Montessori­klassen beispielha­ft. Alle Kinder mit nichtdeuts­cher Mutterspra­che erlernten in kürzester Zeit die deutsche Sprache. In diesem Zusammenha­ng sei eine Schülerin mit finnischer Mutterspra­che meiner derzeitige­n dritten Klasse erwähnt, die bei ihrem Schuleintr­itt kaum Deutsch konnte. Ihr Vater, ein Eishockey-profi, hatte Engagement­s in mehreren Ländern. Deutsch ist nun mit Finnisch, Tschechisc­h und Englisch die vierte beherrscht­e Sprache seiner Tochter, die sie ausschließ­lich im Regelschul­unterricht und nicht in isolierten, nationalen Sprachklas­sen erlernt hat.

Bei uns wird es diese separaten Deutschkla­ssen nicht geben, weil wir uns dem Kinderwohl verpflicht­et fühlen und nicht einer Bildungspo­litik, die offensicht­lich ein bestimmtes dumpfes, nationales Wählerpote­nzial bedienen will.

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