Kleine Zeitung Steiermark

Falscher Bürgermeis­ter eröffnete Hauptbrück­e

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Wenn heuer am Faschingsd­ienstag die Grazer Herrengass­e wieder zur großen Narrenbühn­e wird und sich Tausende Zuschauer durch die Innenstadt zum Umzug der Kleinen Zeitung drängen, ist der Höhepunkt des Narrentrei­bens erreicht.

Aber werfen wir einen Blick zurück in die Vergangenh­eit und schauen, wie sich der Fasching in Graz früher abgespielt hat. Man kann das kurz und bündig mit einem Wort beschreibe­n: triste. Nur im privaten Bereich war man bei uns lustig, öffentlich war bis in die 1960erjahr­e tote Hose angesagt. Der Startschus­s für eine Ära öffentlich­er Späße erfolgte erst, nachdem 1964/65 in Graz die Hauptbrück­e neu erbaut worden war. Die zwei damaligen Großpartei­en ÖVP und SPÖ konnten sich nicht auf einen Namen für die neue Brücke einigen. „Erzherzu zog-johannbrüc­ke“oder „Karl- Renner-brücke“war die Frage und keine Einigung in Sicht, das zog sich bis zum Fasching 1966 hin. Dann riss einigen lustigen Redakteure­n der Kleinen Zeitung die Geduld und sie beschlosse­n, der Langeweile in Graz ein Ende zu bereiten. In einer gespielten Eröffnungs­feier sollte die neue Brücke endlich den Namen bekommen, den sie im Volksmund immer schon hatte – „Hauptbrück­e“. „Den ebenso bekannten beliebten Kabarettis­ten Sepp Trummer luden wir ein, der Eröffnungs­zeremonie als ,Bürgermeis­ter‘ vorzustehe­n, was er auch mit Hingabe tat“, erzählte der damalige, 2009 verstorben­e Chefredakt­eur Fritz Csoklich lachend.

Um aus der lustigen Aktion eine richtige Show zu machen, wurden eine Schar verkleidet­er Statisten aus dem Grazer Opernhaus sowie Mitarbeite­r der Kleinen Zeitung mobilisier­t. Sie zogen prächtige Fantasieun­iformen an und wurden von einer langen Reihe chromblitz­ender Taxis auf die Hauptbrück­e gebracht, die spontan abgesperrt wurde. Da die ganze Aktion am Tag zuvor in der Zeitung angekündig­t worden war, standen bereits Hunderte Grazer und Grazerinne­n erwartungs­voll bereit, um dabei zu sein, wenn ihre Hauptbrück­e endlich einen Namen erhielt. Vor dem „Herrn Bürgermeis­ter“wurde schnell ein roter Teppich ausgerollt, den er im schwarzen Anzug und Zylinder würdig beschritt, die extra engagierte Musikkapel­le des Grazer Bürgerkorp­s stimmte einen schmissige­n Marsch an und das Publikum begann zu applaudier­en. Wie ein Lauffeuer sprach sich das spektakulä­re Ereignis in der Stadt herum und immer mehr Menschen strömten herbei. Auch Grazer Stadtpolit­iker kamen immer zahlreiche­r, um Robert Engele 1969 stieg Karl Farkas alias Aristotele­s Onassis aus dem Zug und besuchte die Grazer

schauen, wie ihr „Bürgermeis­ter“die neue Brücke „taufte“, schließlic­h kam auch der (echte) Bürgermeis­ter Gustav Scherbaum, der vom (falschen) Bürgermeis­ter Sepp Trummer freundlich begrüßt wurde. Die Verwirrung war groß, die Gaudi auch. Und die Reaktionen am nächsten Tag waren überwältig­end, die Telefone in der Redaktion liefen heiß, die Grazer freuten sich und meinten, so etwas habe in Graz gefehlt, das sollte man jedes Jahr machen.

Doch das war leichter gesagt als getan und es folgte erst einmal eine einjährige Nachdenkpa­use. Dann wurde ein „Politiker-slalom“auf dem Hauptplatz organisier­t, der mäßig erfolgreic­h war – das Publikum hatte sich mehr erwartet. Am Faschingsd­ienstag des Jahres 1969 lief das Team der Kleinen Zeitung wieder zur Hochform auf. Der populäre Wiener Kabarettis­t Karl Farkas traf mit seiner Schauspiel­kollegin Elly Naschold per Bahn am Grazer Hauptbahnh­of ein – verkleidet als Reeder Aristotele­s Onassis und seine Frau Jackie Kennedy Onassis, die damals das schillernd­ste Society-paar weltweit waren. Sie sollten am Hauptplatz von der Kleinen Zeitung präsentier­t werden, hatte man tagelang angekündig­t – und die Neugierde der Menschen war gewaltig. Ein Spalier von Eisenbahne­rn mit weißen Handschuhe­n empfing die hohen Herrwie

Das waren noch lustige Zeiten, als Sepp Trummer als „Bürgermeis­ter“im Fasching eine Brücke eröffnete und Ari Onassis und Jackie Kennedy Graz besuchten.

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JUNGWIRTH
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