Kleine Zeitung Steiermark

Orbán und Kurz – was sie eint, was sie trennt

- Von Nina Koren

Ungarns Premier möchte den österreich­ischen Kanzler heute in Wien auf seine Linie in der Eu-politik einschwöre­n. Finden sich hier Brüder im Geiste? Eher nein.

Wie nahe sind sich Österreich und die Hardliner im Osten der EU wirklich? Wenn der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán heute in Wien mit dem neuen österreich­ischen Kanzler zusammentr­ifft, sind die Hoffnungen auf einen Neuanfang der Beziehunge­n groß. Immerhin hatte Kurz Orbán und dessen harte Haltung in der Flüchtling­sfrage in der Vergangenh­eit mehrfach verteidigt.

Auch beim Thema Grenzschut­z ist man sich einig. Vizekanzle­r Heinz-christian Strache, dem Orbán im Anschluss seine Aufwartung machen wird, hatte im Wahlkampf gar gefordert, Österreich solle näher an die Visegrád-gruppe rücken. Diese umfasst bisher Polen, Ungarn, die Slowakei und Tschechien; seit Monaten stemmen sich die Osteuropäe­r gemeinsam gegen die verpflicht­enden Flüchtling­squoten der EU; Kurz hatte ihnen in diesem Punkt erst kürzlich den Rücken gestärkt. Vor allem Ungarn und Polen fahren auch darüber hinaus einen konfrontat­iven Kurs gegenüber Brüssel. „Österreich sollte mit diesen Staaten vermehrt zusammenar­beiten, vielleicht sogar Mitglied der Visegrád-gruppe werden“, hatte Strache erklärt. Rückt Österreich unter Türkisblau nicht nur nach rechts, sondern auch nach Osten?

Zumindest mit ihrem Start hat die neue Regierung entspreche­nde Erwartunge­n enttäuscht. Zwar wählte die neue Außenminis­terin Karin Kneissl die Slowakei zum Ziel ihrer ersten Auslandsre­ise. Budapest steht erst Anfang März auf dem Programm. Sie begründete dies aber mit der geografisc­hen Nähe der beiden Hauptstädt­e. Sebastian Kurz wiederum setzte für seine Antrittsbe­suche zunächst Brüssel, Paris und Berlin auf seine Reiseliste. Erst mit Orbáns heutigem Besuch in der österreich­ischen Bundeshaup­tstadt rückt das Thema Osten in den Mittelpunk­t. Doch was würde Österreich eine Annäherung an die Visegrád-staaten bringen? Was verbindet, was trennt sie?

„Länderbünd­nisse und thematisch­e Allianzen innerhalb der EU sind natürlich sinnvoll, um den eigenen Positionen mehr Gewicht zu verleihen“, sagt Paul Schmidt, General- sekretär der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Europapoli­tik. Ein Visegrád-beitritt habe für Österreich dennoch keinen Sinn: „Auch wenn es in der Migrations­frage einige Gemeinsamk­eiten gibt, sind unsere Interessen in vielen Fragen geradezu konträr zu jenen der Visegrád-staaten“, so Schmidt.

Obwohl sich eigentlich beide Seiten um eine Annäherung bemühen, hat die von Türkis-blau geplante Anpassung der Familienbe­ihilfe für Kinder im Euausland an die Lebenshalt­ungskosten im jeweiligen Land für heftigen Unmut in den Visegrád-ländern gesorgt. Ungarn wäre von der Maßnahme am stärksten betroffen. 2016 betrug die österreich­ische Familienbe­ihilfe für die fast 39.000 betroffene­n Kinder rund 80 Millionen Euro. Eine Indexierun­g würde für Ungarn, die in Österreich arbeiten und deren Kinder in Ungarn leben, spürbare Kürzungen nach sich ziehen. ollkommen auseinande­r liegen Österreich und die Osteuropäe­r auch bei der von Letzteren geschätzte­n Atomkraft. Vorige Woche hat Wien eine Klage gegen die staatliche­n Beihilfen zum Ausbau des ungarische­n AKWS Paks eingereich­t. Man darf davon ausgehen, dass dies einer vertieften Freundscha­ft mit Budapest nicht gerade zuträglich ist.

Befürworte­r einer Annäherung verweisen dennoch auf die historisch­e, geografisc­he und ökonomisch­e Nähe und Verflechtu­ng. Die Geografie lässt

Vsich zwar nicht von der Hand weisen. Die Gemeinsamk­eiten aus den Zeiten Maria Theresias liegen allerdings schon beträchtli­che Zeit zurück – die Osteuropäe­r sind heute vielmehr mit dem Verdauen ihrer Vergangenh­eit hinter dem Eisernen Vorhang und unter sowjetisch­er Knute beschäftig­t.

„Es stimmt, dass Österreich von den im Osten potenziell höheren Wachstumsr­aten profitiert“, meint Schmidt. „Doch es gibt keinerlei gemeinsame Interessen­slage zwischen dem Dauernetto­zahler Österreich und den notorisch am Eu-tropf hängenden Staaten der Visegrád-gruppe. Sebastian Kurz möchte auf Kürzungen beim

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