„Es geht hier nicht ums Prestige“
Sabine Ladstätter, Chefarchäologin in Ephesos, über das Ende einer Staatsaffäre und den Neubeginn für Österreichs bedeutendste Ausgrabungsstätte.
Sie haben gerade den Wiener Ball der Wissenschaften hinter sich. Schweben Sie noch auf Wolke sieben?
SABINE LADSTÄTTER: Ich habe den Eindruck gehabt, ich bin der glücklichste Mensch an diesem Abend. Der Zuspruch war enorm. Es gab Gratulationen aus der ganzen Welt, als bekannt wurde, dass wir wieder in Ephesos forschen können.
Ist für Sie die jüngste Entwicklung überraschend gekommen? Grundsätzlich hat es aus der Türkei immer wieder vorsichtige Signale gegeben. Das hat mich durchaus optimistisch gestimmt. Aber der Zeitpunkt hat mich völlig überrascht.
Welchen Anteil an dieser Entwicklung hat Ihrer Meinung nach die neue Außenministerin?
Ich glaube, die ganz große Leistung, die Frau Kneissl und Herr Çavu¸sog˘lu geschafft haben, war es, die Sache Ephesos von der Politik zu lösen. Denn es hat sich ja an den Standpunkten der beiden Länder nichts geändert. Man hat nur erkannt, dass Wissenschaft Wissenschaft sein soll und sich die Politik da raushalten soll.
Können Sie kurz erklären, was Ephesos als Grabungsort so besonders macht?
Ephesos war ein zentraler Ort der Menschheitsgeschichte, und das über Jahrtausende hinweg. Das betrifft zum Beispiel die Religions- und Geistesgeschichte. Man darf nicht vergessen, dass die Stadt – eine der größten im Römischen Reich – neben ihren bedeutenden heidnischen Heiligtümern ein zentraler Ort des Christentums und des Islams war. Es gibt keinen zweiten Ort, an dem Österreicher arbeiten, der nur annähernd diese Bedeutung hat.
Ist es also für die österreichische Archäologie auch eine Sache des Prestiges, wieder in Ephesos forschen zu dürfen?
Es geht hier nicht ums Prestige, sondern um Erkenntnis, die von globalem Interesse ist. Das sehe ich jetzt auch an den internationalen Reaktionen.
Wird es bereits heuer eine neue Grabungssaison geben?
Auf jeden Fall. Aber noch viel wichtiger ist es, eine Bestandsaufnahme zu machen. Man darf nicht vergessen. Wir mussten innerhalb eines Tages die Gra-