Serbiens steiniger Weg nach Europa
Serbiens Präsident Aleksandar Vuˇci´c ist heute in Wien. Hier spricht er über die Beziehungen zwischen Belgrad und Wien, den Kosovo und die anderen Hürden, die sein Land für eine Eu-mitgliedschaft meistern muss.
Herr Präsident, was führt Sie heute von Belgrad auf Staatsbesuch nach Wien? ALEKSANDAR VUCˇIC´: Österreich ist für uns eines der wichtigsten Länder, und das ist keine Phrase! Alle berühmten Serben sind von ihrer Ausbildung oder ihrem politischen Leben her mit Wien oder anderen Städten in Österreich verbunden. Wir Serben fühlen uns in Österreich zu Hause, das hätten wir auch umgekehrt gern. Bei meinem Besuch gibt es drei Schlüsselthemen: die Hilfe Österreichs auf unserem Weg in die EU; zweitens wollen wir die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen stärken. Drittens geht es um den Einfluss Österreichs auf die gesamte Region auch als Mitglied der EU. Da geht es um eine gemeinsame Politik für einen friedlichen, stabilen Balkan.
Wo steht Serbien auf dem Weg in die Europäische Union?
Die Aussagen von Eu-kommissionspräsident Jean-claude Juncker haben unsere Motivation gestärkt, weil wir einen Zeitrahmen bis 2025 bekommen haben, natürlich unter der Voraussetzung, dass wir schwierige Reformen durchführen. Das zeigt erstmals den Wunsch der EU, Serbien als Mitglied zu akzeptieren. Zu den Reformen zählen die Stärkung des Rechtsstaates und eine Verbesserung der Wirt- schaftslage, wobei es durchaus Erfolge gibt. Zwei Jahre hintereinander haben wir bereits einen Budgetüberschuss, während wir die Arbeitslosigkeit von 26 auf zwölf Prozent mehr als halbiert haben. Deutlich verbessert haben wir auch das Investitionsklima. Das entscheidende Hindernis auf dem Weg zur EU sind die Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina.
Wie steht es um die Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina zehn Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo? Ich spreche immer von den Beziehungen zwischen Serben und Albanern, weil die Serben im Kosovo die aufgezwungene Unabhängigkeit nie akzeptiert haben. Bei den Gesprächen zwischen Belgrad und Prishtina gibt es einige positive Aspekte. Wir reden miteinander. In den vergangenen fünf Jahren gab es keine Todesfälle durch ethnische Konflikte, wenn ich den Mord am Politiker Oliver Ivanovic´ im Jänner beiseitelasse, den bisher unbekannte Täter begangen haben. Positiv ist auch, dass der Austausch von Personen, Waren und Kapital irgendwie funktioniert. Ungelöst ist, dass die Albaner den Kosovo als unabhängigen Staat erleben, während das die Serben nicht tun. Nach der serbischen Verfassung ist der Kosovo Teil Serbiens. Wichtig Serbiens Präsident Aleksandar Vucˇic´ bei seinem jüngsten Besuch im ethnisch geteilten kosovarischen Mitrovica
ist, dass beide Seiten Kompromisse machen und es zu einer Lösung kommt, die beiden Völkern eine sichere Zukunft garantiert. Andernfalls wird das zu einer weiteren Destabilisierung und zur Festigung eines eingefrorenen Konflikts führen. Eine Lösung kann nicht darin bestehen, dass die Albaner alles und die Serben nichts bekommen.
Wie kann aussehen?
Es muss eine Vereinbarung zwischen Serben und Albanern sein, die die EU, die USA, China und andere Großmächte unterstützen. Doch vor allem müssen Serben und Albaner eine Lösung finden. Denn was haben die Albaner bisher von ihrer Unabhängigkeit? Sind sie wirklich unabhängig? Und wo können sie als unabhängiger Staat auftreten? Weder in der UNO noch in der Interpol und der Unesco, weder in Moskau, Peking noch in Neu-delhi. Sie sind nur von der Hälfte der Welt anerkannt. Daher müssen wir
eine
Lösung
dann eine Lösung finden, mit der die Albaner zufrieden und wir Serben weniger unzufrieden sind.
Rechnen Sie damit, dass Serbien die Beziehungen zum Kosovo erst knapp vorm Eu-beitritt wird regeln müssen oder schon weit früher, etwa im Jahre 2019? Im Interesse der Serben und Albaner ist eine raschestmögliche Lösung. Ob wir die Kraft dazu haben, wird man sehen. Eine Lösung wäre ein historischer Erfolg; ein Misserfolg hieße eine weitere vergebene Chance auf dem Balkan, was leider nichts Neues wäre.
Wie steht es um die demokratische Entwicklung Serbiens? Die Opposition ist schwach, nach Ihrer Wahl zum Präsidenten gab es Proteste, Journalisten klagen über mangelnde Medienfreiheit. Drei Monate nach dem Ende der nicht besonders massiven Demonstrationen haben die Oppositionsführer zugegeben, dass es keinen Wahlbetrug bei der Präsidentenwahl gegeben hat. Ich