Kleine Zeitung Steiermark

„Das ist das Ende des Sonderwegs“

- Von Michael Jungwirth

Oliver Vitouch, Vize-chef der Unirektore­n, über Aufnahmebe­schränkung­en, die Unifinanzi­erung und den Wirbel um die Uniräte.

Die Regierung hat ein Gesetz zur Unifinanzi­erung und zu Aufnahmebe­schränkung­en vorgelegt. Entspricht das den Vorstellun­gen der Rektoren? OLIVER VITOUCH: Frei nach Galileo Galilei gesprochen: Es bewegt sich doch etwas. Nach sehr langen Vorarbeite­n ist nun ein dringend erforderli­cher Schritt gesetzt worden. Wie die Budget-verteilung im Detail aussieht, ist eine Frage für sich. Dass das Konzept der Studienpla­tzfinanzie­rung ein großes Anliegen der Universitä­ten darstellt, steht außer Zweifel.

Es heißt immer, das sei alles so unsozial. Sehen Sie das auch so? Es gibt bei Aufnahmeve­rfahren immer die Sorge der unzureiche­nden sozialen Durchmisch­ung, dass etwa Maturanten aus Herkunftsf­amilien, wo die Eltern nur den Pflichtsch­ulabschlus­s haben, selten ein Medizinstu­dium beginnen. Es gibt verschiede­ne Modelle, um gegenzuste­uern, etwa die Idee der „affirmativ­e action“, wo man in Österreich so tut, als wäre es eine Idee, die aus Nordkorea kommt, dabei haben das die USA seit einem halben Jahrhunder­t. Man muss konstatier­en, dass der hochgelobt­e freie und offene Zugang nicht so erfolgreic­h ist, denn sonst wären wir das Land mit der besten sozialen Durchmisch­ung der Welt.

Beschränku­ngen soll es für drei Fächer geben. Entspricht das Ihren Vorstellun­gen?

Es ist ein ausgeklüge­ltes und zugleich moderates System. Ich erinnere daran, dass die Rechts- wissenscha­ften einen Drop-out von 70 bis 80 Prozent haben. Das Modell sieht auch Aufnahmeve­rfahren vor, die an einer einzigen Universitä­t verordnet werden können. Es geht immer darum, sinnvolle Kapazitäte­n herzustell­en und die Betreuungs­relationen zu verbessern. Die dritte und softeste Variante ist das Eignungs-feedback, das bisher nicht verpflicht­end ist.

Was erwarten Sie sich? Dass die Drop-out-rate zurückgeht? Genau. Es ist das ein Ende des österreich­ischen Sonderwegs. Es ist ein Stück weit ein Eintreten in eine europäisch­e Normalität. Man hat jetzt seit Jahrzehnte­n so getan, als gäbe es an Universitä­ten keine Kapazitäts­probleme. Phasenweis­e haben wir auch gehört, das sind alles Modestudie­n, etwa Psychologi­e, und das löst sich von selber. Nichts hat sich gelöst. Jetzt wird Farbe bekannt, dass es so etwas wie Ausstattun­gsnotwendi­gkeiten gibt. Wenn man einen relativ offenen Zugang haben will, muss man den auch entspreche­nd budgetär bedecken.

Es gibt Hinweise, dass es zwischen ÖVP und FPÖ ein Tauziehen um die Uniräte gibt?

Der Beschluss ist überfällig, denn die alten Uniräte scheiden Ende Februar aus. Die neuen Uniräte müssen wichtige Dinge wie Leistungsv­ereinbarun­g, Wissensbil­anz und Jahresabsc­hluss der Universitä­ten genehmigen. Das über den 1. März lange hinauszusc­hieben, ist keine rasend gute Idee. Jetzt haben wir den Pallawatsc­h. „Eine unkritisch­e Haltung zur Ns-zeit stellt eine schwere Pflichtver­letzung im Sinn des Universitä­tsgesetzes dar“: Oliver Vitouch, stellvertr­etender Chef der Rektorenko­nferenz

Warum Pallawatsc­h?

Ich entnehme den Medien, dass es ein heftiges Tauziehen gibt. Wenn man sich einig wäre, wäre die Liste schon im Ministerra­t beschlosse­n worden.

Finden Sie es gut, dass die Hälfte der Räte von der Regierung bestimmt wird?

Grundsätzl­ich ist das Modell vernünftig, dass der Eigentümer­vertreter daran beteiligt ist, solange nichts so Ausgerisse­nes passiert, wie dass eine offenbar vor echten Rechtsradi­kalismen nicht gefeite Partei in die Regierung kommt, die Hälfte der Sitze zu nominieren beanspruch­t und das dann auch noch dem Vernehmen nach in manchen Fällen in einer Weise, die vollkommen inakzeptab­el ist.

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