„Das ist das Ende des Sonderwegs“
Oliver Vitouch, Vize-chef der Unirektoren, über Aufnahmebeschränkungen, die Unifinanzierung und den Wirbel um die Uniräte.
Die Regierung hat ein Gesetz zur Unifinanzierung und zu Aufnahmebeschränkungen vorgelegt. Entspricht das den Vorstellungen der Rektoren? OLIVER VITOUCH: Frei nach Galileo Galilei gesprochen: Es bewegt sich doch etwas. Nach sehr langen Vorarbeiten ist nun ein dringend erforderlicher Schritt gesetzt worden. Wie die Budget-verteilung im Detail aussieht, ist eine Frage für sich. Dass das Konzept der Studienplatzfinanzierung ein großes Anliegen der Universitäten darstellt, steht außer Zweifel.
Es heißt immer, das sei alles so unsozial. Sehen Sie das auch so? Es gibt bei Aufnahmeverfahren immer die Sorge der unzureichenden sozialen Durchmischung, dass etwa Maturanten aus Herkunftsfamilien, wo die Eltern nur den Pflichtschulabschluss haben, selten ein Medizinstudium beginnen. Es gibt verschiedene Modelle, um gegenzusteuern, etwa die Idee der „affirmative action“, wo man in Österreich so tut, als wäre es eine Idee, die aus Nordkorea kommt, dabei haben das die USA seit einem halben Jahrhundert. Man muss konstatieren, dass der hochgelobte freie und offene Zugang nicht so erfolgreich ist, denn sonst wären wir das Land mit der besten sozialen Durchmischung der Welt.
Beschränkungen soll es für drei Fächer geben. Entspricht das Ihren Vorstellungen?
Es ist ein ausgeklügeltes und zugleich moderates System. Ich erinnere daran, dass die Rechts- wissenschaften einen Drop-out von 70 bis 80 Prozent haben. Das Modell sieht auch Aufnahmeverfahren vor, die an einer einzigen Universität verordnet werden können. Es geht immer darum, sinnvolle Kapazitäten herzustellen und die Betreuungsrelationen zu verbessern. Die dritte und softeste Variante ist das Eignungs-feedback, das bisher nicht verpflichtend ist.
Was erwarten Sie sich? Dass die Drop-out-rate zurückgeht? Genau. Es ist das ein Ende des österreichischen Sonderwegs. Es ist ein Stück weit ein Eintreten in eine europäische Normalität. Man hat jetzt seit Jahrzehnten so getan, als gäbe es an Universitäten keine Kapazitätsprobleme. Phasenweise haben wir auch gehört, das sind alles Modestudien, etwa Psychologie, und das löst sich von selber. Nichts hat sich gelöst. Jetzt wird Farbe bekannt, dass es so etwas wie Ausstattungsnotwendigkeiten gibt. Wenn man einen relativ offenen Zugang haben will, muss man den auch entsprechend budgetär bedecken.
Es gibt Hinweise, dass es zwischen ÖVP und FPÖ ein Tauziehen um die Uniräte gibt?
Der Beschluss ist überfällig, denn die alten Uniräte scheiden Ende Februar aus. Die neuen Uniräte müssen wichtige Dinge wie Leistungsvereinbarung, Wissensbilanz und Jahresabschluss der Universitäten genehmigen. Das über den 1. März lange hinauszuschieben, ist keine rasend gute Idee. Jetzt haben wir den Pallawatsch. „Eine unkritische Haltung zur Ns-zeit stellt eine schwere Pflichtverletzung im Sinn des Universitätsgesetzes dar“: Oliver Vitouch, stellvertretender Chef der Rektorenkonferenz
Warum Pallawatsch?
Ich entnehme den Medien, dass es ein heftiges Tauziehen gibt. Wenn man sich einig wäre, wäre die Liste schon im Ministerrat beschlossen worden.
Finden Sie es gut, dass die Hälfte der Räte von der Regierung bestimmt wird?
Grundsätzlich ist das Modell vernünftig, dass der Eigentümervertreter daran beteiligt ist, solange nichts so Ausgerissenes passiert, wie dass eine offenbar vor echten Rechtsradikalismen nicht gefeite Partei in die Regierung kommt, die Hälfte der Sitze zu nominieren beansprucht und das dann auch noch dem Vernehmen nach in manchen Fällen in einer Weise, die vollkommen inakzeptabel ist.