Justin T., der Mann aus den Wäldern
Justin Timberlake beweist mit seiner heute erscheinenden CD „Man of the Woods“, dass er keine Micky-maus-musik mehr macht.
Im neuen Woody Allen-film „Wonder Wheel“spielt Justin Timberlake einen Bademeister auf Coney Island, von dem man bis zum Schluss nicht weiß, ob er ein flachwässriger Dummy ist oder ein tiefgründiger Dichternovize. Beim
Musiker Justin Timberlake erging es einem lange Zeit ähnlich: hauchdünne Pop-flunder oder delikate Goldbrasse? Diese Frage dürfte spätestens mit dem heutigen Erscheinen der neuen CD geklärt sein. Justin Timberlake macht nicht nur als Schauspieler eine gute Figur, sondern ist – um beim Bild zu bleiben – auch als Musiker ein dicker Fisch.
Die Urstory ist Pop-geschichte: Mitglied im kindischen „Mickey Mouse Club“, Pubertät bei der Boygroup *NSYNC, danach drei Soloalben, die sich insgesamt 32 Millionen Mal verkauft haben. Zehn Grammy Awards gehören auch zum Inventar eines Raums, der längst kein Kinderzimmer mehr ist. Und jetzt also das vierte Album. „Man of the Woods“heißt es und wird natürlich mit mächtigem Getöse auf den Markt gewuchtet. Spätestens damit hat sich Timberlake – u. a. mit Unterstützung von Timbaland – als ernst zu nehmender Künstler in eine Szene eingebrannt, die sonst nur an der Oberfläche glänzt.
Timberlake beweist sich als lässiger Sound-nerd, der aber nicht nur futuristisch die Technik blubbern lässt, im Mittelpunkt steht immer der Song. Dass der 37-Jährige aus der musikalisch schwer vorbelasteten Mississippi-stadt Memphis stammt, ist bei diesem Wachstumsprozess durchaus hilfreich. Man muss jetzt nicht gleich von „Americana“sprechen – auf diese Ästhetik zielt Timberlake offensichtlich auf dem Cover ab –, aber dass es Altes im Blut hat, schadet dem Neuen nicht.
Am Ende von „Wonder Wheel“trifft der Bademeister übrigens eine schwere, aber goldrichtige Entscheidung. Justin Timberlake. Man of the Woods. Sony Justin Timberlake: von der „Mickey Mouse“zum Sound-nerd