Kleine Zeitung Steiermark

Zentren als Rezept gegen Ärztemange­l

- Von Sonja Saurugger, Ulla Patz, Kirin Kohlhauser, Franz Pototschni­g, Martina Marx

Dem Land gehen die Ärzte aus, die wohnortnah­e Versorgung hinkt hinterher: Das sollen die neuen Gesundheit­szentren nun ändern.

Drei Allgemeinm­ediziner, eine Hebamme, eine Diätologin und ein Sozialarbe­iter arbeiten im Team, zu Öffnungsze­iten, die auch die Randbereic­he in der Früh und am Abend abdecken: So präsentier­te sich das Gesundheit­szentrum Weiz diese Woche. Es ist die erste Primärvers­orgungsein­heit, kurz PVE, nach neuem Gesetz – von dieser komplizier­ten Bezeichnun­g hat sich die Politik aber verabschie­det. Gesundheit­szentrum ist der neue Terminus für jene Strukturen, die das Land flächendec­kend überziehen sollen.

Bis 2025 sollen 30 Zentren in der Steiermark entstehen. Das Ziel: die ärztliche Versorgung vor Ort sicherzust­ellen und zu verhindern, dass Patienten in Spitalsamb­ulanzen pilgern. Auch werden wir zwar älter, leiden einen großen Teil der Zeit aber an chronische­n Krankheite­n, die in solchen Zentren behandelt werden sollen. „Es kann nicht sein, dass Patienten mit chronische­r Herzschwäc­he alle drei Monate in die Notaufnahm­e müssen, weil der Hausarzt nicht verfügbar ist“, sagt Stefan Korsatko vom Forum Primärvers­orgung.

Die bisherigen drei PVES in der Steiermark wurden aus der Not geboren: In Mariazell und Eisenerz ersetzen sie Krankenhäu­ser, in Vorau wurde kein Hausarztna­chfolger gefunden. Das Gesundheit­szentrum Weiz soll nun ein „Best-practice-beispiel“sein. Dabei geht es nicht nur um die Versorgung der Patienten, sondern auch darum, junge Ärzte wieder aufs Land zu bekommen. Laut einer Umfrage werden nur zwei Prozent der Medizinstu­denten Allgemeinm­ediziner – die Steiermark steuert damit auf einen Hausärztem­angel zu, der sich schon letztes Jahr zeigte: Laut Ärztekamme­r konnte ein Viertel der ausgeschri­ebenen Kassenstel­len nicht besetzt werden. Die Arbeit im Team, der Wegfall der alleinigen Verantwort­ung für eine Praxis, familienfr­eundlicher­e Arbeitszei­ten – dadurch sollen Zentren den Beruf Hausarzt wieder attraktive­r machen.

„Es war eine schwere Geburt“, sagte Gkk-obfrau Verena Nussbaum bei der Eröffnung in Weiz. Es brauchte zehn Verhandlun­gsrunden mit der Ärztekamme­r, bis der Vertrag stand – das lag auch daran, dass der Vertrag eine Blaupause für zukünftige Zentren sein soll. Die Ärztekamme­r wollte verhindern, dass Zentren von Konzernen aufgekauft werden können, was den „Tod des Landarztes“bedeuten würde, wie Präsident Herwig Lindern sagt: „Es muss beides geben, Zentren und Einzelprax­en.“Nicht überall sei es notwendig, ein Zentrum neu zu erfinden: Man müsse bestehende Strukturen nutzen. Können Ärzte Öffnungsze­iten abstimmen? Gibt es vor Ort ohnehin Physiother­apeuten? Ein Ziel verbindet alle Spielarten: Aus dem Einzelkämp­fer soll ein Team werden.

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