Diese Wunden heilen nicht
Über die Dokumentation zum Ard-zweiteiler „Gladbeck“.
Dass die Zeit alle Wunden heilt, ist ein geflügeltes Wort. Dass es auch ein flügellahmes Wort sein kann, zeigt die berührende Dokumentation zum Ard-zweiteiler über das Geiseldrama von Gladbeck vor 30 Jahren, die heute ausgestrahlt wird.
Gladbeck ist das Synonym für das kollektive Versagen von Polizei und Medien. Die Polizei war damals hochgradig unorganisiert, die Medien waren hochgradig unmoralisch in ihrem Verhalten. Daran ist nicht zu rütteln – tut auch niemand, der auch nur einen Funken Verstand und Anstand hat.
In der Dokumentation kamen auch Angehörige der beiden Todesopfer zu Wort. Die Mutter der 18 Jahre alten Silke Bischoff, die während der Polizeiaktion erschossen wurde. Die Schwester des 15 Jahre alten Emanuele De Giorgi, der von Dieter Degowski ermordet wurde. Beide Frauen können nicht vergessen und werden auch nicht vergeben. „Ich kenne keine Gnade“, sagt die Schwester von Emanuele. Und: „Die Wunden werden bleiben. Für immer.“Bei solchen Sätzen stürzt das geflügelte Wort ins Bodenlose ab. uch das kam in dieser Dokumentation zur Sprache: Bei vielen Geiselopfern hat sich nach dem Drama niemand gemeldet. Keine Polizei, kein Psychologe, kein Politiker. Ein Skandal, der ebenfalls ins Bodenlose geht.
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