„Ich fühle mich nicht angegriffen“
Nationalratspräsidentwolfgang Sobotka über den Bvt-skandal, die Last der Geschichte, die Umbenennung des KunschakPreises und das Amt des Bundespräsidenten.
dann öffentlich gemacht werden. Das müssen aber die jetzt Zuständigen klären.
Ein Untersuchungsausschuss?
Das Parlament ist der Ort der Aufklärung, das habe ich immer wieder gesagt. Wenn Vorfälle aufgeklärt werden müssen, natürlich.
Stimmt es, dass die ÖVP erwogen hat, einen zu beantragen?
Das wurde meines Wissens auch thematisiert. Darüber müssten Sie mit dem ÖVPKlubobmann reden. Als Nationalratspräsident habe ich dafür zu sorgen, dass ein Untersuchungsausschuss bestmöglich aufgesetzt ist, sodass es nicht im Nachhinein Probleme mit rechtlichen Unklarheiten gibt. Deshalb wurde auch eine Einschätzung des Rechtsdienstes erbeten, ob diese Themenstellung dem gesetzlichen Rahmen entspricht.
Was wäre jetzt der schnellste Weg zum Ausschuss?
Es ist weder Gefahr im Verzug noch sonst etwas. Die SPÖ kann zum Verfassungsgerichtshof gehen oder einen neuen Antrag stellen. Beide Wege sind offen. Der VFGH würde sicher schnell entscheiden.
Dass Ihr Nachfolger eine bereits ad acta gelegte Causa wieder aufgreift und die Staatsanwaltschaft neuerlich ermittelt, empfinden Sie das nicht als Vorwurf? Man könnte auch sagen, das hätten Sie auch tun können.
Ich bin heute in anderer Funktion, gestatten Sie mir, dass ich mich dazu nicht äußern möchte. Ich fühle mich aber nicht angegriffen. Jeder Minister muss wissen, wie er sein Ressort führt. In dem Moment, als ich das Ministerium verlassen habe, war ich auf meine neue Aufgabe fokussiert. Dabei möchte ich es auch belassen.
Sie haben einmal bei einer Diskussion daswort „Austrofaschismus“für das Dollfuß-regime ver- wendet. Jetzt haben Sie in einer Einladung den Ständestaat eine „Diktatur mit ständischen und faschistischen Begleiterscheinungen“genannt. Warum?
Da muss ich mich korrigieren, das war damals ein Fehler. Das war eine Kanzlerdiktatur mit faschistoiden Zügen, aber es gab noch keine Gleichschaltung des ganzen Landes. Diese Einschätzung teilten auch alle drei Historiker, die bei der Gedenkveranstaltung anlässlich der Ausschaltung des Parlaments diskutiert haben. Es ist kein totalitäres Regime gewesen.
Was war es denn?
Das Dollfuß-regime hat nicht den ganzen Staat umfasst. Die Gleichschaltung ist quasi auf halbemweg stecken geblieben. Das sollten die Historiker sauber herausarbeiten.