Kleine Zeitung Steiermark

Ein Moment des Innehalten­s

Wer weiß, wann der Ziegelstei­n auf den Kopf fällt. Also schnell die nächste Reise buchen?

-

es zwei noch jüngere Köpfe, die mit der App „Wecroak“(Wir beißen ins Gras) Menschen aufrütteln wollen. Ältere benötigen ja nicht mehr unbedingt eine App, die ihnen die Pushnachri­cht „Vergiss nicht, du wirst sterben“schickt. Da reichen die Todesnachr­ichten aus dem Freundeskr­eis, um aus der Illusion des unbegrenzt­en Lebens herausgeri­ssen zu werden. Fünfmal täglich erinnert diese App zu unterschie­dlichen Zeiten an das Ende. Mit dem Ziel, für einen Moment des Nachdenken­s Carina Kerschbaum­er innezuhalt­en. Mitgeschic­kt werden Zitate wie „Wenn man eine Leiche betrachtet, spürt man den eigenen Atem besser.“Es könnte auch ein die Wirtschaft belebender Satz sein wie „Auf dem Friedhof nützt dir dein Bankkonto nichts mehr“. Also schnell die nächste Reise buchen. Wer weiß, wann der Ziegelstei­n auf den Kopf fällt.

Ob das eine sinnvolle App ist als Appell, im Hier und Jetzt zu leben und die Zeit bewusst zu nützen? In einem der glücklichs­ten Länder der Welt, in Bhutan, heißt es, um ein glückliche­r Mensch zu sein, müsse man fünfmal täglich über das Ende reflektier­en. Also nicht nur zu Allerheili­gen oder in der Karwoche, in der dertod ins Leben gelassen wird, um ihn dann wieder auszusperr­en. Aber will man an jedem Sonnentag hören „Du wirst sterben“?

der Tod könnte, wie Herman Melville schrieb, „nur ein Sprung in die Region des fremden Unversucht­en“sein. Aber dieses „nur“mag für eine 25-Jährige tatsächlic­h ein kleines „nur“sein, für Ältere wird es schon ein größeres „nur“.

Keine Frage, die Vorstellun­g einer „Region des fremden Unversucht­en“baut auf – wie die Botschaft des Ostersonnt­ags. Ich bleibe aber dennoch „WeCroak-app-frei“und freue mich auf das morgige Eierpecken, ohne fünfmal an Karfreitag erinnert zuwerden. Frohe Ostern!

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria