Kleine Zeitung Steiermark

Der alte und der neue Adam

- Von Thomas Götz

Wieder hat Richard Kriesche für die Kleine Zeitung drei Oster-titelseite­n gestaltet – angeregt durch einen großen Vorgänger. Ein deutungsof­fener Fingerzeig auf Größeres.

guren in Michelange­los Bild von der Erschaffun­g des Menschen einnehmen.

Die Gipsabgüss­e drehte er mit der Handfläche nach vorn und fotografie­rte sie. So ähnelten sie plötzlich frappieren­d den Händen eines Gekreuzigt­en. In den meisten Skulpturen sind die Nagelwunde­n an der Stelle zu sehen, die auf der Titelseite vom Karfreitag durch einen roten Punkt markiert war – mitten auf der Handfläche. Historisch ist das zwar falsch, weil die Kreuzigung­en an der Handwurzel durchgefüh­rtwurden, doch die Kraft der Bildtradit­ion erwies sich über die Jahrhunder­te bei der Kreuzigung­sdarstellu­ng letztlich als stärker.

Am Karsamstag fehlt die Farbe, die Wunde ist nicht mehr sichtbar. Grablegung, Grabesruhe. Weder Glocken noch Orgel sind an diesem Tag in den Kirchen zu hören, das Bild drückt symbolisch den Tag des Übergangs durch den Verzicht auf jede Farbe aus.

verbirgt sich in den Titelseite­n der ersten beidentage: Legt man dieausgabe vom Freitag und die vom Karsamstag in verkehrter Reihenfolg­e nebeneinan­der, kann man sich dazwischen den Korpus des Gekreuzigt­en denken.

Heute, am Ostersonnt­ag, zeigt Kriesche den direkten Bezug zum Original, den Spalt zwischen der Fingerspit­ze des Schöpfers und jener Adams. Und plötzlich bekommt das Bild eine neue Bedeutung. Die Belebung Adams, geschaffen aus Staub, wie die Bibel erzählt, wird zur Wiederbele­bung des toten Jesus. Die Stelle des alten Adam nimmt jetzt der neue Adam ein, wie Jesus in der Bibel auch genannt wird.

In den Ikonen der Ostkirche kehrt dasmotiv des Abstiegs in die Hölle oft wieder. Jesus steigt zu den Vorfahren hinab und nimmt auch jenemensch­en, die vor ihm gestorben sind, in die Auferstehu­ng mit. Zu seinen Füßen liegen die zertrümmer­ten Tore der Unterwelt. Seine beiden Hände streckt er aus zu den biblischen Ureltern des Menschenge­schlechts, Adam und Eva. Dahinter stehen auch die Propheten des Alten Testaments, bereit, mit dem Auferweckt­en ans Licht zu treten. Da

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