Gegen brutale Männer und alte Holzöfen
Guatemala gilt für Frauen als gefährlichstes Land derwelt jenseits der Kriegsgebiete. Vor allem indigene Frauen kämpfen für minimalste Rechte.
Paulina Solis schweigt nicht mehr. Die 35-Jährige steht mutig auf und beginnt mit einer schwungvollen Rede über Strom, sauberes Trinkwasser und vor allem einen Ofen, der nicht mehr das ganze Haus verraucht. Alles Wünsche, die sie hat. Das haben die Besucher aus Europa doch eben gefragt, oder? Die anderen gut zwei Dutzend Frauen im Raum schauen zu ihr, einige lächeln aufmunternd, einige schauen noch immer etwas verschämt zu Boden. Es ist noch immer nicht selbstverständlich, dass in Guatemala indigene Frauen in einem Raum mit Fremden sitzen und auf deren Fragen antworten, ohne dass ein einziger ihrer Männer oder ein Dorfvorstand dabei ist.
Paulina hat bei derrede ihren drei Monate alten Säugling auf dem Arm. Die dreifache Mutter möchte in den Dorfrat und das allein ist schon fast eine Sensation in der Region Quiché nordöstlich der Hauptstadt Guatemala-stadt. Indemmittelamerikanischen Land ist der Machismus allgemein noch weitverbreitet, aber unter den Maya ist die Macht der Männer noch unumstößliches Prinzip. In Guatemala leben Maya-frauen, die rund ein Viertel der Gesamtbe- völkerung ausmachen, zu einem großen Teil weit unter der Armutsgrenze. Auch wenn die nationale Regierung in den vergangenen Jahren viel für die Rechte der indigenen Völker in ihrem Land gemacht und auch Anstrengungen unternommen hat, um die Millenniumentwicklungsziele der Vereinten Nationen zu erreichen, ist die Lage noch immer bedrückend in ländlichen Gebieten. s kommen mehrere Faktoren zusammen, die das Leben der Maya-frauen so beschwerlich und gefährlich machen. Zunächst ist die Armut unter den Angehörigen der indigenen Völker im Land allgemein sehr hoch. Sie leben in Dörfern, die schlecht angeschlossen sind an den Rest des Landes, nur selten überhaupt Schulen haben, womit Lesen, Schreiben und auch die Landessprache Spanisch den meisten verschlossen bleibt. Wenn eines der meist bis zu acht Kinder in die Schule geht, dann der oder die beiden ältesten Söhne.
Die Armut zwingt viele Familien dazu, im Haus die Feuerstelle mitten im einzigen Zimmer zu haben, wo die Frau in der Regel auch das Essen über lange Zeit zubereitet und dem
ERauch ausgesetzt ist. Frauen in den Dörfern hört man auffallend häufig husten. udem ist Guatemala ein Teil des sogenannten Todesdreiecks in Lateinamerika gemeinsam mit Honduras und El Salvador. Die UNO spricht in einem Bericht vom vergangenen November von Gewalt gegen Frauen in „epidemischem Ausmaß“. Drogenund Bandenkriminalität mischt sich mit sexueller Gewalt auf offener Straße und häuslicher Gewalt in einer verrohten Gesellschaft, die seit dem Bürgerkriegsende 1996 ordnungs- und strukturlos geblieben ist. Die Vereinten Nationen sprechen von der gefährlichsten Region der Welt für Frauen außerhalb
Zvon Kriegsgebieten. Die indigenen Frauen sind in dieser Gemengelage besonders gefährdet und schutzlos. ennoch will Mayra Estela Orellana nicht nur schwarzmalen. Sie kämpft als Indigene mit ihrer Hilfsorganisation Adico gemeinsam mit ihrer Tochter Rachel gegen die Armut der Maya-frauen an. Es geht um Überzeugungsarbeit in den Dörfern bei den Männern, um Schulaufbau, um Selbstbewusstseinsausbildung bei den Frauen und auch um den Bau von neuen Öfen, die keinen Rauch mehr in den Hütten entstehen lassen.
„In der Stadt hat sich schon vieles gewandelt“, sagt Mayra und verweist auf ihre Tochter,
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